Autopanne im Juni ~ Beim Warten auf den ADAC

Bild von Susanne Georgi
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Während einer Autopanne, beim Warten auf den ADAC

Heute, an einem freundlichen Samstag Anfang Juni
verließ ich die kleine Stadt in Sachsen
in der ich lebe
so um halb 12
passierte das benachbarte Dorf
auf schmaler Straße 3. Ordnung
hügelauf, hügelab, links und rechts
Vorgebirge halt.

Alles so schön
Bäume grün
Gärten ruhig gedeihend
die Leute froh.

Zwischen Getreidefeldern kurz vor dem Ziel
blieb mein altes Auto stehen
erst neulich in der Werkstatt, Tank halbvoll
Gasgeben ging nicht.

So stand ich mittags in der Junisonne
mein Auto schwarz und meine Kleidung auch,
mein Ziel schloss gerade.

So stand ich
und wartete auf den ADAC

und sah
die Gerstenfelder
gelbgrün und silbrig

still und unzerstörbar
die glatten Ähren
jeder Halm zum Licht
in Sonne badend

davor am Feldrand hohe Gräser
verschiedener Arten
wundersam blühend
Gras und Getreide
im leichten Wind

darüber wandernde Wolkenschiffe
Bussarde mit eleganten Schwingen
Felder, Wälder und Orte in der Ferne
das ziegelrote Dach des Hauses am Wald
das Dorf friedlich

und an mir vorbei geschäftige Autos
mit Anhängern voll Gartenzeug
starke Männer in riesigen Pickups
Ehepaare in blitzsauberem Blech
ein junger Mann barfuss auf altem Motorrad
ein grüner Traktor auf der Kreuzung 100 Meter vor mir
und ein gelber Rettungswagen mit Blaulicht.

Die Zeit stand still
und seltsam
auch die Windräder in der Ferne.

Vögel plauderten
weiße Margeriten beteten die Sonne an
wilde Hornveilchen massenhaft
und Schmetterlinge zu Besuch.

Da hielt von vorn kommend
neben mir
ein blütenweißes Auto.

Dem entstieg
ein junger Mann
in weißen Jeans
und weißem Shirt
so um die Dreißig
ruhig
mittelgroß
mittelschlank
unauffälliges Gesicht
mit silberner Kette auf leicht gebräunter, rosiger Haut
blaue Augen mit dunkelblauem Rand
und fragt
ob er helfen kann.

Er beugt sich über den Motor
greift hier und dort
und befindet
dass der Motor zu viel Luft bekommt
und fragt nach einem 12er Schlüssel.

Ich suche vergeblich, aber wie ich zurückkomme
sehe ich

wie jung
wie schön
er ist
und wie friedlich.

Ich danke und verweise auf den gerufenen ADAC.

Er steigt in sein Auto
lächelt mich zum Abschied an
hebt die Hand
zum Gruß
und fährt.

Wie ich mich noch einmal umdrehe
sehe ich ein weißes Auto
in der Kurve verschwinden
und über Berg und Tal

in seinem Sog
zog in milder Luft
eine Wolke hinter ihm

aus
weißen Margeriten
Rosenblüten
sirrenden Schwalben
Kornblumen
Sonnenkringeln
Holunderblütenschaum
Erdbeeren
Kirschen
und etwas wie von einem Pfau.

Es war der Juni
der über das Land fuhr
und durch die Luft.

Deshalb also standen
im leichten Wind
heute die Windräder still.

Ab morgen trage ich helle Kleidung.

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