Tanzwut (aus der Reihe „Miss Mutig“)

Bild von Alf Glocker
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Es geschah zu der Zeit, als Sohwass von Schlapp noch beliebt war und sogar eine Mäzenin hatte … Für diese Frau etwas zu tun, galt bei Miss Mutig als äußerst unpassend – aber einmal machte sie eine Ausnahme! Die Besagte kam aus einem sehr begüterten Haushalt und sie hatte beschlossen, sich einen Künstler zu halten … je größer, desto besser, denn an ihre Bedeutung würde er sowieso niemals heranreichen können.

Nach einem schönen Auftrag, den sie ihm erteilt hatte, gab es in ihrem Elternhaus etwas zu feiern. Das Bild war ein Geschenk an ihren Herrn Vater gewesen und zu feiern gab es dessen Geburtstag! Eingeladen waren ca. 100 Leute – alles honorige Persönlichkeiten der Stadt. Ein guter Grund für die Mäzenin, ihren Künstler vorzustellen. Einzige Bedingung: Der Künstler muss tanzen können, denn keine der Damen sollte, auf einen eventuellen, entsprechenden Wunsch ihrerseits hin, enttäuscht werden.

Miss Mutig grinste verschmitzt! Auf Stein wirkte dieses Grinsen freundlich und so machte er sich nichts draus. Aber die Miss dachte bei sich: „Endlich hat’s jemand diesem Deppen mal richtig gegeben.“ Denn Stein war bis zur Stunde ein überzeugter Nichttänzer gewesen. Aufgrund seiner, die Persönlichkeit zerstörenden, Erziehung im Elternhaus, wo Mädchen als streng verboten galten, hatte er keinerlei Bezug zur Damenwelt entwickeln können … Sogar die sich anbahnende Liebschaft mit Miss Mutig war damals ungeheuer schwierig für ihn gewesen.

Trotzdem wurde etwas daraus, denn die Miss hatte, bis sie Sohwass von Schlapp traf, 1. nur Kasperlfreunde gehabt und 2. gleich erkannt, daß man den Stein noch besser peinigen konnte als alle anderen vor ihm. Anstatt „peinigen“ setzte sie für sich aber das Wort „verwöhnen“ ein. Jetzt war wieder einmal eine gute Gelegenheit dazu. Natürlich konnte Miss Mutig die, zugegeben, schräge Mäzenin gar nicht leiden, aber der war es immerhin gelungen, den doofen Sohwass zu etwas zu zwingen, das ihm äußerst unangenehm war.

Selbstverständlich erbot sie sich deshalb, sich und den Stein zu einem Tanzkurs anzumelden, in dessen Verlauf Sohwass von Schlapp in den Genuss mehrmaligen Lächelns seiner Partnerin kam. Sie freute sich zu sehen, wie er sich über die Tanzfläche quälte und sein Bestes gab, um wenigstens nicht allzu schlecht aufzufallen. Doch dann kam – wie sollte es anders sein – schon wieder das Unglück über die mutige Miss …

Stein entdeckte plötzlich den Spaß am Tanz, und bei der großen Feier im reichen Haus gab er gar so keine ungünstige Figur ab. Zwar hatte die Mäzenin natürlich keine Zeit, auf der Tanzfläche mit dem großen, aber armen Künstler gesehen werden zu wollen, aber dafür erntete Schlapp doch einige Blicke ihm bislang unbekannter Frauen – was Miss Mutig eher missmutig zu betrachten wusste. Aber was soll‘s?! Sie überstand den Abend bravurös und brach auch zuhause nicht weinend zusammen, sondern trank sogar noch ein Glas Wein, als Absacker, mit ihrem Unhold! Damit war es vorerst einmal gut …

Doch es sollte für sie noch wesentlich schlimmer kommen! Es sprach sich herum, daß Sohwass von Schlapp plötzlich unter die Tänzer gegangen war! Einige der Damen in der Bekanntschaft nahmen das mit unverhohlenem Entzücken zur Kenntnis und eine davon meldete sich an, bei den wöchentlichen Trainingsstunden von Miss Mutig und Stein mitwirken zu dürfen. Sie kam, sah und siegte!

Geschickt drückte sie sich an Steins muskulöse Figur, obwohl Stein doch nur aus Stein war, und ließ sich von ihm herumführen, wobei sie so manchen leichten Händedruck beim Walzer verteilte. Miss Mutig blieb die völlig unerwartete Entwicklung nicht verborgen … Wie auch, die Bekannte hatte schließlich Stein einmal auf die Wange geküsst. Was würde da noch kommen? Weitere offene Tanzstunden wurden deshalb vorbeugend verboten!

Der Stein war zwar alles andere als ein Edel-Stein, obwohl von trivial-adligem Geblüt, aber er war immerhin IHR Stein und niemandes sonst Eigentum. Wie hätte sie ihn denn in Zukunft weiterhin die heiligen Weihen ihrer Regentschaft erteilen sollen, wenn da plötzlich noch jemand gewesen wäre, der (die) daran dachte, Einfluss auf ihn auszuüben?! Nein! Wenn er schon nichts taugte, dann sollte er sich wenigstens nicht einbilden, ihm würden noch andere Türen als Miss Mutigs stets verschlossene offenstehen.

Allerdings schien es bereits zu spät zu sein! Das Gespann Mutig-Schlapp wurde jetzt noch öfter auf Partys eingeladen als bisher schon. Und überall gab es Mädchen und Frauen, die sich von ihm „führen“ lassen wollten. Stein konnte nun auch plötzlich modernere Tänze – woher, das konnte nur die Hölle wissen – und bei einem der modernen Tänze schleuderte er seine Partnerin, die wieder einmal nicht Miss Mutig war, so sehr herum, daß ihr sehr schwindlig wurde und sie ihn in ein anderes Zimmer verzog, um ihn dort abzubusseln.

Das war nun endlich völlig unerträglich geworden. Da musste etwas unternommen werden!
Keine Partys mehr, keine offiziellen Treffen, keine Mäzenin mehr – und wenn, dann unter Protest – und wenn getanzt wurde, dann geheim, zuhause und vollkommen sittsam, wie es sich gehört. Da hatte nichts und niemand mitzumischen, da gab es kein Länger, kein Höher, kein Weiter und auch kein Schneller! Da gab es kein Abenteuer in Aussicht, sondern nur noch Miss Mutig.

Und ob da was „in Aussicht“ war oder nicht, das bestimmte immer noch sie selbst … Sohwass von Schlapp hatte daraufhin eine Eingebung: Er schieb das einzige Gedicht seines Lebens in englischer Sprache. Irgendetwas hatte ihn dazu getrieben … wofür er mehrmals das Tanzen unterbrach – nur, um auch einmal schriftlich unverschämt zu sein!

Poem

Yes, my darling is a beast,
she has darkness in her soul.
But, I’m only an artist –
My instinct is very small.

I‘m a slave of brain and heart,
all my arms are gone bevor
I was really free and smart –
Now I’m standing on a shore …

on a checkpoint to believe
in a misery of God
and I think I want to leave
this circumstance witch is a plot.

What I am and was I was –
forgetten is it in the time.
Just I’ve lost here all my gloss.
I sit down without a claim.

Lovely heavy is my way –
our world is shining blue –
and I understand in grey:
million miles for Waterloo!

Der Teufel persönlich musste Stein diese Zeilen eingegeben haben, da er, Stein, gar kein Englisch konnte!

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Interne Verweise

Kommentare

26. Okt 2020

Selbst Krause legte einen aufs Parkett!
(Und der war ich - das war nicht nett ...)

LG Axel

26. Okt 2020

Anspruchsvoll und DOLL !
HG Olaf

26. Okt 2020

Vielen Dank liebe Freunde!

LG Alf