Die Seele des Staates 148

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von Alf Glocker

Der größte Irrtum der Menschheitsgeschichte ist der, daß ein Gehirn lernfähig ist. Dies darf jedoch nicht falsch verstanden werden – selbstverständlich kann ein Mensch sowas wie die Bibel auswendig lernen, Autisten können sogar eine ganze Bibliothek in ihren grauen Zellen speichern. Es gibt Leute, die 50 und mehr Sprachen erlernt haben, doch wie viele lebende Individuen können ihr Denken komplett umstellen, wenn sie vor Tatsachen stehen, die sie nicht wahrhaben wollen? Da wäre echte Lernfähigkeit von großem Nutzen!

Aber: fliegen Zugvögel plötzlich im Winter nach Norden? Verliebt sich wer auf einmal in eine Betonwand? Fressen Löwen von heute auf morgen Gras, weil es nahrhafter geworden ist und die Antilopen nicht mehr gefressen werden wollen? Da lernen sie doch leichter die Bibel auswendig! Ebenso ist es mit den Dogmatikern, mit den ganz einfachen Menschen, aber auch mit den Philosophen. Denen kann man hundertmal beweisen, was sie sagen und tun ist falsch, sie können einfach nicht anders als sie können.

Angetrieben vom Teufel der Disziplin, des Triebs, oder der Vernunft, kehren sie immer wieder zum Ausgangspunkt ihres, von ihnen für richtig empfundenen Denkens, respektive ihres für richtig empfundenen Nichtdenkens zurück – unbeeinflussbar, sogar durch die vernünftigsten Argumente. Was nützt es da zu behaupten, Glaube sei Unsinn, Kinder müssen auch versorgt werden, oder die Erde steht, als Zentrum des Universums still?! Richtig oder Falsch gibt es einfach nicht – es gibt nur die Attitüde! Und angesichts ihres dominanten Vorhandenseins wird alles nichts nützen, wenn der Automatismus der Prägungen um sich greift.

Er eine wird sagen: „Der Glaube erweitert meinen Horizont!“. Der andere wird behaupten: „Was kümmert es mich meinen Nachwuchs versorgen zu müssen, er kommt einfach von selbst!“ Und der völlig verrückt gewordene Philosoph wird eigensinnig bleiben und von sich geben: „…und sie bewegt sich doch!“ Ganz wie es ihm die Gene, oder sonst etwas Zwielichtiges aufgetragen haben/hat. Daraus erkennen wir zweifelsfrei, daß wir uns nicht beherrschen können. Wir können nur betreiben was, vorgegeben, in uns steckt. Zusätzlich können wir uns natürlich noch einbilden, der Mensch an sich sei lernfähig!

Wir sind in uns geborgen! Wir schotten uns gegen die Gefahren der Natur ab! Jeder für sich ist ein Zukunftsmodell, das nicht unbedingt richtungsweisend sein muss! Der Schutz unserer Verblendung, die sich nirgends wirklich „anpassen“ kann, umgibt uns zärtlich, auf eben die uns eigene Art. Gelernt wird aber trotzdem – doch kaum, was den einzelnen betrifft, sondern eher in Generationen gesehen. Dabei scheint es eine ausschlaggebende Rolle zu spielen, wer durch sein irrelevantes Denken umgekommen ist und wer nicht. Die Übriggebliebenen werden es verstehen, neue Wege zu gehen. Was die anderen gedacht haben bleibt auf ewig verschollen!

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