Hinter dem Tresen – Unmengen belegter Brötchen, Baguettes,
Zuckergussgebäck – dieser junge Mann, was für ein Anblick!
Schon bin ich abgelenkt von den langweiligen Dauerbackwaren.
Und sein Gesicht, es gehört auf das Titelblatt eines Modemagazins.
Große olivenschwarze Augen, antike Nase, sinnlicher Mund,
glänzendes volles Haar, seitlich frisiert, und sein bezauberndes
Lächeln, natürlich und strahlend, wenn er seine perlmuttweißen
Zähne entblößt. Ein Adonis!
„Sie wünschen, meine Dame?“
Fragt er tatsächlich mich?
„Einen Latte Macchiato!“
„Mit Zimt oder Kakao?
„Gerne Zimt!“
„Möchten Sie ihn hier trinken oder mitnehmen? Sofort, nehmen
Sie bitte Platz!“
Entzückt mache ich ihm ein Kompliment.
„Fabelhaft machen Sie das, schöner junger Mann!“
„Das habe ich mir von Ihnen abgeguckt.“, erwidert er galant.
„Ist das orientalischer Charme?“
„Ich bin Italiener“, sagt er stolz, „meine Mutter ist Libanesin,
mein Vater Italiener“.
„Ein schöner junger Italiener also, wunderbar“, sage ich,
meine Mutter würde sagen: „Schön ist nicht schön. Schön getan, ist schön.“
Er strahlt und nickt.
„Bleiben Sie, wie Sie sind!“, beende ich unsere Unterhaltung
und trinke meinen Latte in bester Stimmung. So könnte jeder
Tag beginnen.
Jeden Morgen ein schöner Mann, träume ich alternde Frau.
Jeden Morgen ein schöner junger Mann
von Lena Kelm
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