Gewalt

Bild von Kush
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Wie in Zeitlupe sehe ich wie die Faust des verwahrlost wirkenden Zweimeter-Mannes meinem Gesicht näher kommt.
Um ehrlich zu sein hielt ich das immer für ein Stilmittel, welchen Regisseure für ihre dramatische Darstellung
von Kampfszenen nutzen, doch jetzt wurde mir schlagartig bewusst, dass unser Verstand tatsächlich zu so etwas in der Lage ist.
Handeln konnte ich dennoch nicht mehr, was wie ich selbst erschreckt feststellen musste, allerdings gar nicht so schlimm ist.
Weder ein gesundes Maß an Angst noch an Reue zogen in meiner Gefühlswelt ein. Ich fühlte mich einfach nur frei.

Als ich wieder zu mir komme, ist das Blut, welches große Teile meines Gesichts bedeckt schon getrocknet.
Langsam versuche ich aufzustehen, belasse es dann allerdings doch lieber beim sitzen.
Als Hilfe um meine Gedanken zu ordnen, greife ich auf die einzige Konstante in meinem Leben zurück.
Das Rauchen. Doch als ich die Schachtel in meiner rechte Hosentasche ergreife und mir entspannt eine anstecken möchte,
muss ich leider feststellen, dass die zwei, drei übrig gebliebenen Kippen leider zerbrochen sind.
"Gott verdammt!", murmle ich leise vor mich her und finde vom Frust getrieben dann doch die notwendige Motivation um mich zu erheben.

Mein Handyakku ist bei unproblematischen 40 Prozent und ich rufe einen meiner Kollegen an. Obwohl es mitten in der Nacht ist
geht er direkt ran und informiert mich darüber, dass er gerade noch durch die Gegend fährt und mich irgendwo abholen könnte,
wenn ich deswegen anriefe. Manchmal schäme ich mich selber dafür, dass ich mich nur melde, wenn ich etwas brauche.

Aber im speziellen Fall ist es gut, dass er direkt weiß worauf ich hinaus möchte. Als ich in das Auto einsteige, wirft er mir wissende
Blicke zu und fragt bei wem wir uns bedanken müssen. Über die Schnell-Straße verlassen wir die Stadt und nachdem die Häuser ausbleiben
und Felder das Landschaftsbild dominieren, halten wir an. Langsam beginnt die Morgendämmerung. Mein Kollege setzt sich eine Sturmmaske auf
und zieht sich Handschuhe an, bevor er den Kofferraum öffnet und den auf viel zu wenig Platz transportierten Mann aus dem Wagen hievt.

Er zittert am ganzen Körper und sobald wir den Knebel und die Fesseln lösen fängt er an zu weinen und uns an zu flehen ihm nichts zu tun.
Als mein Gehilfe dann auch noch seine Schreckschuss-Pistole rausholt und dem winselnden Schläger an den Kopf hält, zeichnet sich ein
großer nasser Pissefleck in seiner Hose ab. Ich trete ihm mit meinen Springer Stiefeln ins Gesicht, nehme sein Handy, welches genügend
belastendes Material enthällt als Druckmittel mit und wir lassen ihn emotional am Ende in der Einöde liegen.

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