Vier Wochen nachdem es besiegelt,
ersteigt der Meister letzte Stufen.
Beizeiten mit dem Freund zu fügen,
was Lyra* zugerufen.
Dem Klopfen folgt Rumoren und
lang bleibt die Tür verschlossen.
Als der Besuchte ihn empfängt
ist jener recht verdrossen . . .
G: Guten Morgen, ist entgangen
was mein Brief jüngst kundgetan?
Heute wollten wir's gebären,
unser Werk - doch schaut euch an!
. . . langsam, mit verklärtem Blick,
schleicht der Angesproch'ne hin,
über derangierter Habe,
kratzt sich das bewachs'ne Kinn . . .
S: Kommt herein, entspannt euch wieder,
scheint's, die Pferde sind bezäumt.
Wenig wandersmüd' die Glieder,
und ich seh euch aufgeräumt.
G: Was man hier nicht sagen kann!
Fall' ich momentan zur Last?
Chaos habt ihr im Gespann,
König Wirrwarr schon zu Gast!
Werden endlich in Symbiose
unsere Köpfe, Hand in Hand,
Feder spitz und Tinte willig,
zeigen, was noch niemand fand?
. . . S. schlurft zum Fenster
recht verdrießlich -
blickt hinaus,
entgegnet schließlich:
S: Der Morgen liegt in seinen Windeln,
es ist früh, Ihr müsst verzeih'n.
Traumtau seht, auf Dach und Schindeln,
selbst dem Hahn fiel noch nichts ein!
. . . G's Züge, eben noch umwölkt,
erlichten sich in Milde.
Vielleicht zu forsch die Reaktion
auf Schillers Wohngefilde . . .
G: Ist Eurem Geist etwas gesprossen,
das uns von Nutzen könnte sein?
S: Ideen mir gewohnt erfroren
und alles auseinander stob.
Zu Essig Reim auf Reim vergoren,
als ich nur den Stift anhob.
. . . G. zieht erneut die Stirne kraus,
erspäht das Chaiselongue -
in Kleiderbergen grad noch Platz,
und setzt sich ohn' Pardon . . .
G: Nun, mag sein, was ist das hier?
Rückenschmerz, ganz fürchterlich!
Etwas sticht mir in die Seiten,
ah - ein Mieder, Friederich?
S: Unlängst traf ich beim Flanieren
Isabel zur späten Stund' -
lachten viel und ein Geknister
schien uns wohl der rechte Grund . . .
G: Genug - nicht jegliches Detail
müsst kredenzen Ihr zur Qual.
Erinnert mich der neuen Magd,
wäscht und putzt mir Hof und Saal.
S: Missmut schwingt in Euren Worten,
erledigt sie, was anbefohlen?
Putzt sie töricht, ohne Plan,
hat sie irgend Ding gestohlen?
Nun, was ist es - sprecht mein Bester.
Welchen Makel hat die Schwester?
G: Nichts dergleichen, alles trefflich,
ihre Arbeit fehlerlos.
Nur - sie ist ein junges Ding
und mir schweigt mein treuer Schoß.
Freilich wenn man sie so sieht -
weder Heck noch Bug von Tadel,
sämtlich Regung virtuos,
geigengleich gebaut das Madel . . .
. . . steht auf und schreitet ruhelos,
den sinnend Blick gesenkt,
mit linker Hand umfasst er Kinn,
die Rechte rückverschränkt . . .
G: Anmut; Mutter feiner Züge,
solch Habitus tanzt in den Lenz.
Die Augen borgte ihr ein Reh,
das Haar in güldener Dezenz . . .
Verlangt's mir ab zu meiden ?
Nein !
Statt Säften, die sich üblich sammeln,
kommt die Lust mir arg ins Stammeln . . .
. . . mit amüsiertem Blick verfolgt
er, was sein Gast so schildert,
erwachend meldet sich der Schalk,
bis er den Grund bebildert . . .
S: Dies um so Wunder, da man kennt
das " jugendliche " Eurer Neigung,
und unter uns, was das angeht -
respektier ich solch Verzweigung.
Wer mag nicht - jungkeusch wie diese -
feminine Frühlingswiese . . .
. . . Prompt hält G. inne, aufgerichtet,
die flache Hand zur Stirn -
von Optik jener Sinn vernebelt
im so geschulten Hirn . . .?
G: Genau, das ist es ! Der Geruch !
Vom Mägdlein fasziniert,
hätten Schmus und Charme gereicht,
in Bälde dekantiert -
was fleißig mir zu Hause wandelt,
Gespiel und Reinlichkeit,
zum Vorteil flott verbandelt.
Bloß welch' Schwaden folgen dieser?!
Ein Duft? Mitnichten - widerlich!
Nie meine Nase mehr verletzt,
kein Wittern es mir so verdorben -
als ob sich Fleisch devot zersetzt,
nachdem es unter Angst gestorben!
. . . überrascht vom Versstakkato
schweigt S., lotet den Gehalt.
Dies Problem verlangt jetzt Klärung,
verdichtet wird es - bald . . .
S: Mmh, ist der Gestank recht von Bestand,
De facto nuanciert er leicht?
Habt ihr den Scheitelpunkt ertragen,
verebbt die Woge, die Euch bleicht?
G: Was meint Ihr ? Halt - ja gestern zog,
wie ein gereifter Wäschesack,
ihr eine Fahne hinterher -
gewoben pur aus Ammoniak!
S: Nun wenn's nicht mehr beständig ist,
vermute ich schlicht eine List . . .
G: Ihr denkt, mit Vorsatz hüllt sie sich
in üble Dämpfe nur für mich?
. . . vom regen Plausch nun vollends wach
verliert sich S. in Thesen,
die Johann Wolfgang zu abstrus,
ist es wohl so gewesen?
S: Oh bester Freund, seid unbesorgt,
umwehte nichts das hübsche Kind -
gar täglich würde sie entkorkt,
als Schutz dient dieser üble Wind.
Vermutlich schenkt in der Gewandung
beim Dienst in Euren Hallen,
ein totes Tier, seit Wochen schon,
den letzten der Gefallen.
Der schlauen Magd ein Liebster harrt,
die Jugend sehnt der Paarung.
Uns Euch ? Vergällt ein später Spaß,
was bleibt, ist die Erfahrung . . .
* Lyra : Antikes Zupfinstrument, Leier, sowie ein Glockenspiel - hier eine Muse.
Rezitation : Johannes Franke ( Textbeute )
Kommentare
Klug, originell - sehr lesenswert!
Perfekt gelesen - gern gehört!
LG Axel
Super gelungen!
Deine Sprache, die optimal zur Zeit des Geschehens passt, der originelle, witzige Inhalt - herrlich!
Johannes Franke macht seine Sache ebenfalls richtig gut.
Viele Grüße,
Corinna