kurz vor schicht im schacht treffen sie sich an der
frischtheke räumen letzte häppchen ab bevor sie
im fittnesscenter den frust des tages rauspowern
danach bevölkern sie den längsten tresen der stadt
summen gebrauchte postkartenhymnen tragen ihre
glücksbringer wie hasenpfoten an goldenen ketten
ein grünäugiger totenkopf auf der schulter buhlt mit
hochgepuschten brüsten um aufmerksamkeit später
im dunklen werden noch andere regionen befingert
Kommentare
Ein supergutes Gedicht, Manfred. Es hält einem nicht unbeträchtlichen Teil der Gesellschaft den Spiegel vor. Sehr gut durchdacht und formuliert, einfach klasse! Gefällt mir noch besser als die Großstadtgedichte von Michel Houellebecq, vielleicht, weil sachlicher und doch poetisch und ohne Bewertung. Im Fitnesscenter den Frust des Tages rauspowern wollen - ist oft unabdingbar nach einem Arbeitstag, der es in sich hatte - sofern man am nächsten Morgen einigermaßen frisch auf der Matte stehen will, muss.
LG Annelie
Hallo Annelie,
zuviel der Ehre, mit diesem französischen Ausnahmeschriftsteller verglichen zu werden.
Thematisch gibt es sicher einige Parallelen, was vermutlich auch am Alter liegt. :)
Danke für deine Wertschätzung und LG
Manfred