Habe ich dir, du Auserwählte,
von meinem letzten Traum erzählt,
in dem es an rein gar nichts fehlte?
Ich schwebte hoch über der Welt …
Ich schwebte ohne alle Mühen,
noch oberhalb der Wolkendaunen,
weit in der Ferne sah ich Glühen,
und diese Schönheit ließ mich staunen.
Die Sonne wärmte meinen Rücken,
doch als ich durch die Wolken stieß,
da endete auch mein Entzücken,
weil hier ein raues Lüftchen blies.
Ich sah dort keine Gärten blühen,
und alles schien befremdlich still,
Menschen sah ich in Bahnen ziehen,
doch ohne Fokus, ohne Ziel.
Ich fühlte in mir ein Bedauern,
doch schwebend fehlte mir die Macht,
ich sah die elend hohen Mauern,
von Ferne dunkelte die Nacht.
Es war ein stummes Elendsschweigen,
ein Schleppen, Schlurfen, Trauerweinen,
Verzweiflung schien sie anzutreiben,
die Alten starben, und die Kleinen.
Ein Kind nur sah mich oben schweben,
ganz zaghaft hob es sein Gesicht,
die Augen flehten „Ich will leben!“,
doch all die andern sah’n mich nicht.
Die Nebel ließen sie verschwinden.
Wo dies geschah, blieb mir verborgen.
War’s Ort? War’s Zeit? Dies zu ergründen
erfüllt mein Denken nun mit Sorgen …
© noé/2021