Versteigerung einer Chinesischen Kunstsammlung

Bild zeigt Erich Vio
von Erich Vio

1974 stießen chinesische Bauern, die in einem Getreidefeld beim gelben Fluss in der Provinz Shaanxi einen  Brunnen gruben,
auf die Grabwächter-Tonfiguren des Ersten Erhabenen Kaisers QinShiHuang, der das Reich der Mitte gegründet hatte. 2200 Jahre
lang beschützten sie ihn am unterirdischen Zugang zum 50 Meter hoch aufgeschütteten Mausoleum-Kegelberg Li.

Aus Elfenbein geschnitzt, in Bronze gegossen,
in weiße Jade feenhaft gemeißelt,
Jahrhunderte an euch vorbeigeflossen,
die ihr der Sammler Schar mit Habsucht geißelt.
Was schürt die Glut, die deren Sinn betört?
Ob dieser Einbruch in Vergangenheit
den Schlaf der Künstler, die euch schufen, stört
mit seinem Wiegenlied von Ewigkeit,
das Kunst uns vorsingt? Ihr bleibt unberührt
von Leidenschaften derer, die euch lieben.
Gestorben jene, die das Haus geziert,
wo ihr jüngst standet. Preise hochgetrieben
von neuer Kundschaft. Eure Masken starren
in eine leere Zukunft, die dem Geist,
der euch gezeugt, verschlossen bleibt und harren
des Bebens, das Paläste niederreißt.

Veröffentlicht / Quelle: 
Erich Vio, AUFTRAG UND ERFÜLLUNG / Späte Gedichte (MuNBoesche Verlag 1987)
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