Avigdor Ben Trojan s.A.
zur Person
Geboren in Berlin am 11.September 1959 - Gestorben in Berlin am 20.November 2002
Avigdor Ben-Trojan pflegte zu sagen: „Es kommt nicht auf die Länge des Lebens an. Jemand, der mit vierzig Jahren stirbt, kann einen reichhaltigeren Weg hinter sich haben als jemand, dem ein hundert Jahre lang währendes Da-Sein zugeteilt wurde.“
Da wusste er bereits, dass er sehr schnell würde leben müssen, um die Kürze durch die Würze auszugleichen. Vielleicht war es das, was ihn mitunter ein wenig hektisch oder schrill erscheinen ließ. Immerhin berichtete er in einem Zeitungsinterview, dass er bereits zweimal stark vom Schicksal gestreift worden war. Seiner Mutter hatte der Arzt während der Schwangerschaft ein Schlafmittel verschrieben. Richtig – es war Contergan! Doch Frau Mama war eine absolute Medikamentenmuffelin, und so blieb das Tablettenröhrchen unangebrochen, eine Tatsache, die den kleinen neuen Erdenbürger als gesundes Menschlein zur Welt kommen ließ.
Achtzehn Jahre später lief der Tod selber dicht an ihm vorbei. Das Bombenattentat von Nablus/Israel am 26.April 1978 forderte 7 Freiwillige der Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste als Opfer. Zwei junge Menschen waren sofort tot, fünf andere wurden schwer verletzt, Avi (damals noch unter seinem Geburtsnamen (Norbert Boesche bekannt) gehörte zu den Letzteren. Er litt, wie alle damals Überlebenden bis zu seinem Ableben zeitweise an den Folgen der in seinem Körper noch steckenden Bombensplitter, die nicht entfernt werden konnten.
Jugendträume (Tänzer, Schauspieler) liessen sich nicht verwirklichen.Er war etliche Jahre in Grimsby mit der Engländerin Paulene Wrate verheiratet und dort als Rezeptionist tätig. Nach seiner Scheidung (die in Deutschland rechtmäßig nicht anerkannt wurde) brachte er sich in den mit seiner Mutter gegründeten Verlag M.&N. Boesche-Verlag als Designer, technischer Berater und schließlich als Autor ein.
Er wurde sozusagen Privathistoriker und widmete sich bis zur Selbstaufgabe dem Thema: Wo ist der jüdische Nachbar geblieben, der einst sang- und klanglos über Nacht verschwand? Als Terrain wählte er den Berliner Stadtteil aus, in dem er selber von 1968 bis 2002 zu Hause war: Berlin-Frohnau und Umgebung.
Ein letztes mal gemeinsam mit seiner Mutter im September 2002 in Haifa auf neuen Spuren, nahm ihm, der bereits sehr krank war - unmittelbar darauf – der Tod die Feder aus der Hand. Doch waren für das zweite Buch (Hermsdorf betreffend) seine Vorarbeiten soweit korrekt gediehen, dass das Buch erscheinen konnte. Auf dem berliner St.Matthäus-Friedhof Yorkstraße (der ihm von seiner Dreharbeit für „Schöner Gigolo – armer Gigolo“ bekannt war: „Ein guter Platz zum Sehen und zum Gesehen werden!“) steht sein Gedächtnisstein, während wunschgemäß seine Asche in einem israelischen Orangenhain die letzte Ruhe fand: „Nach meinem Tod würde ich gern noch etwas Positives sein und tun!“ sagte er kurz vorher im Gespräch zu seiner Schwester.