Herr Dubzki, trüb, mit seiner grauen, struppigen Gestalt, ohne Freude oder Trauer, war einfach nur da.
Jeder Tag glich für Herrn Dubzki dem anderen. Bei Sonnenaufgang wachte Herr Dubzki, mehr ungewollt als gewollt, auf, stellte fest, dass es wie immer nichts zum sich Freuen gab und wartete gleichgültig auf den Sonnenuntergang, um wieder einschlafen zu können. In seinem täglichen Trott war Herr Dubzki von Neuem gestört und über Neues äußerst unerfreut. Er mochte es nicht, wenn sich Vögel auf seinen Ästen ausruhten. es gefiel ihm nicht, wenn man bei ihm Schatten suchte. Und er hasste es, wenn er Kinderstimmen auch nur entfernt hörte: „unnötige Fröhlichkeit“ rauschte er dann leise nur für sich.
Äußerlich hatte es Herr Dubzki geschafft, eher abweisend als einladend zu sein. Von der Würde und Ruhe eines Baumes strahlte er nichts aus. Sein Stamm war nicht allzu dick, dafür aber in einer Richtung krumm. Die wenigen Äste, die er hatte, wuchsen ein bisschen zu dünn auf einer Seite und hingen leicht nach unten. Richtig Blätter hatte er nicht und blühen wollte er aus Trotz nie. So trug er auch nie Früchte und hätte man ihn gefragt, hätte er aufmüpfig und bestimmt “gut so!“ gesagt.
Der Wind, bei seinem täglichen Spaziergang, begegnete Herrn Dubzki immer mit Kopfschütteln. Mit der Zeit verzichtete er auf Wortwechsel und oft wehte er bei Herrn Dubzki nicht mal mehr vorbei.
Und dann war plötzlich Mimi da - beim richtigen Namen Marumi Lula, aber wer hatte schon Zeit, sich so lange vorzustellen. Und kaum war sie da, sagte sie mir nichts dir nichts: „Kannst du vielleicht ein bisschen Schatten machen? Sonne bekommt mir nicht, danke.“ Dann lachte sie ihn an.
„Nein!“ dachte er nur und dann dachte er nicht mehr weiter, sagte verlegen „bitte“ und machte zu seiner eigenen Überraschung Schatten. Zum Glück war Mimi so klein und seine wenige dünne Äste reichten aus. Er riss sich zusammen, erinnerte sich, wie sehr er andere nicht mochte, bemühte sich distanziert zu wirken, hoffte, dass sich das Ganze nicht zu einem Gespräch entwickeln würde, wünschte sich heimlich, dass sie doch was sagte um dann irgendwie traurig zu sein, dass sie es nicht tat.
Schließlich bekam er schlechte Laune, bereute es, Schatten gemacht zu haben, traute sich trotzdem nicht, sich zu bewegen, fühlte sich ausgenutzt, bildete sich ein, es sei nun der schlimmste Tag seines Lebens, schaute plakativ weg in die Ferne und ließ heimlich immer wieder einen schüchternen Blick auf das zarte Wesen unten neben seinem Stamm fallen.
Als er merkte, dass ein Sonnenstrahl durch seine Äste schlich, zuckte er zusammen, um mehr Schatten zu machen. Herr Dubzki war verwirrt, verlegen, verwundert, wütend, gerührt, während sich Mimi in der Geborgenheit seines Schattens von ihren ersten Eindrücken der Welt erholte und schlief.
„Ich bin Mimi!“ wachte sie auf und lachte Herrn Dubzki an.
Herr Dubzki sagte nichts.
Der Wind, der bei seinem täglichen Spaziergang durch die Gegend zog, verweilte kurz bei den beiden, gab Dubzki schmunzelnd einen Ruck und stellte den alten Baum vor:
„Das ist unser Herr Dubzki, kleine Mimi.“
Und so kamen Mimi, die kleine Graukappe, und Herr Dubzki ins Gespräch. Mimi, sehr gesprächig, erzählte sofort, dass sie zu einer Pilzfamilie gehört, die eher in Laub und Nadelwäldern aufwächst und was für eine schöne Ausnahme es für sie sei, bei einem Baum wohnen zu dürfen. Sie hoffte natürlich, er würde sich auch freuen. Ja das tue er, versicherte leise Herr Dubzki. Was hätte er ja auch sonst sagen können.
Unbekümmert redete Mimi weiter. Sie habe sogar einen lateinischen Namen, Nebularis, bedeute etwas wie Nebel, glaubte sie, hatte aber keine weitere Erklärung dafür und für die Tatsache, dass ihre Familie ständig neue Namen bekommen habe, auch nicht. Graukappe gefalle ihr am besten, Trichterling, damit könnte sie nichts anfangen, Herbstblatt sei ein bisschen zungenbrecherisch.
„Ja.“, stimmte Herr Dubzki leise zu, da hatte sie Recht.
Dann fing sie an, alles zu fragen, mit frischer Neugier nach Allem. Und Herr Dubzki fing an zu antworten. Gewiss, am Anfang zögerlich, aber er merkte nicht mal selbst, wie schnell er gesprächig wurde.
Die kleine Mimi machte sich auch in der Gegend schnell beliebt. Oft hatte sie Besuch. Zu ihren Freunden gehörten Bienen, Käfer, Regenwürmchen, eigentlich alle, bei denen sich die Gelegenheit ergab, sie kennen zu lernen. Allen hörte sie gespannt zu, stellte Fragen, war immer fasziniert über deren Erfahrungen, legte aber sehr viel Wert darauf, Herrn Dubzki als besten Freund und Vertrauten vorzustellen. Herr Dubzki seinerseits bemühte sich, ein guter Gastgeber zu sein und seine Äste schön auszubreiten, damit sich in seinem Schatten alle wohl fühlten.
„Du bist ja an Allem, was die anderen erleben, interessiert.“ wunderte sich Herr Dubzki.
„Stell dir vor, wie langweilig und einseitig es wäre, nur meine Sicht über die Welt zu haben.“ antwortete ihm Mimi sehr ernst. „Wir sind immer nur hier, an dieser Stelle. Durch die anderen wird unsere Welt so viel reicher“.
Die Zeit verging nun gemeinsam. Herr Dubzki musste erkennen, dass er die Zeit genoss. Er freute sich auf jeden neuen Tag. Er merkte gar nicht, wie sehr sein Glück nach außen sichtbar war. Er wuchs, grünte, blühte. Und durch die Bienenfreunde, die zum regelmäßigen Besuch zählten, trug er sogar seine ersten Früchte.
„Ein Apfelbaum!“ rief der Wind und rüttelte an den Ästen. „Glücklich, siehst du aus mein Freund!“
„Ja, Mimi macht mich glücklich“ antwortete Herr Dubzki.
Da lächelte der Wind: „Glücklich sind alle Wesen und im Besitz der Ursachen des Glücks. Und manchmal helfen Freunde, das zu erkennen.“
der letzte Satz ist noch unter Bearbeitung. Ich finde nicht den passenden Schlusssatz :)
Kommentare
Echt schöne Geschichte! Werd ich meinem Neffen vorlesen!
Vielen Dank
Ein wunderschönes Märchen. Habe es so gerne gelesen. Danke!
LG Monika
Vielen Dank fürs lesen und für die Nachricht. Es freut mich