„An mir gehen die Gesetzmäßigkeiten des Lebens vorbei – und zwar direkt am Arsch! Nichtsdestotrotz werde ich beobachtet."
„Und das sollen wir als Aussage aufnehmen?“
Alfred A. Lochmeier saß niedergeschlagen im geheimen Verhörraum des Ordens der „Beugsamen im Herrn“ und blickte verträumt zur großen Spiegelwand hinüber, hinter dem er die weiblichen Mitglieder der Kongregation vermutete. Staatsanwalt Prof. Dr. Dr. Dr. Herrschibert Göttl machte eine besorgte Miene. Auch Kriminalinspektor Luz Engel schien nicht begeistert zu sein.
„Warum gibst du nicht einfach zu, sie totgeschlagen zu haben?“, bellte er. „Wir haben sie doch alle gefunden. Deine Wohnung ist voll davon!“
„Sie halluzinieren“, gab A. A. Lochmeier frech zurück. „Das mag vielleicht Ihr Eindruck sein, aber nichts davon ist wahr! Ich persönlich halte Sie für primitive Schreibtischtäter und genau deshalb erscheint Ihnen auch alles so wie Sie es sagen. In Wirklichkeit ist meine Bude voller Leben!“
„Deine Frau, deren Einfachheit im Geiste du alle Illusionen genommen hast, hat uns etwas ganz anderes berichtet“, meinte Herrschibert Göttl. „Wo findet man denn das Leben, wenn bei dir angeblich alles voll davon ist? Wir haben es nirgends gesehen! Du hast doch gar keins auf die Beine gestellt! – aus Angst, es müsste sich für etwas Fremdes völlig aufgeben. Und des Weiteren hättest du, aus Fürsorge um den Nachwuchs, deine Verbrechen auch nie begehen können. So ist es doch – oder?“
„365 Bündel davon, pro Jahr, werden dir zur Last gelegt! Das ist schließlich keine Kleinigkeit“ ,stichelte Luz Engel. „Und wie stehst du heute dazu? Das willst du doch wohl nicht einmal nicht bemerkt haben?! Hältst du uns für völlig bescheuert?“
„Sie sehen das so, weil Sie es so sehen wollen!“
„Wiiie bitte??“ Der Staatsanwalt und der Kommissar waren außer sich.
„Wissen Sie was?, frotzelte A. Lochmeier, „ich stelle in Abrede, daß Sie überhaupt existieren, Sie und Ihr verrückter Haufen, die Sie sich amtlich, von Rechtswegen und in allen Ehren, wie Sie behaupten, gerade um ausschließlich meine Belange kümmern. Sie haben doch überhaupt keine Ahnung von meiner Ahnung, oder aber Sie ignorieren sie wenigstens völlig."
„Willst du das womöglich den verschworenen Geschworenen vortragen?“ Luzens Einwand kam nicht zu Unrecht.
„Den Geschworenen? – diesem, in universeller Halbbildung verstrickten, Deppenschwarm, der sowieso von allen möglichen Mächten bestochen ist?? Sagen Sie lieber die ‚Geschorenen‘, wenn ich nicht lachen soll." A. Lochmeier ereiferte sich …
„Kannst du dir denn noch ins Gesicht sehen?“, fragte Herrschibert Göttl erstaunt.
„Wenn ich zwei Köpfe hätte, dann könnte ich es“, lästerte A. Lochmeier gehässig über diesen kleinen Fehler Göttls, in der Darstellung einer Situation, wohl wissend, was der Herr gemeint hatte, den Spiegel nämlich. Und weiter führte er aus: „Ungeachtet dessen, daß ich 2 Köpfe gut brauchen könnte. Des Hirns wegen, denn schöner würde ich mich dadurch auch nicht finden, höchstens klüger. Ich besitze nicht so viel Selbstgefälligkeit wie Sie beide offensichtlich. Sie sind sich natürlich gut genug …“
Luz Engel, der kriminelle Kriminalkommissar, versuchte abzulenken: „Sprechen wir lieber von deinem Nasenring! Warum hast du ihn entfernt? Und warum möchtest du nicht mehr damit herumgeführt werden?“
„Weil ich euch allesamt misstraue! In meinen Augen seid ihr die rücksichtslosen Arschl…!“
„Du wagst es, den obersten Herrn Göttl und meine Hochwohlgeboren als Arschl… zu bezeichnen?“
An dieser Stelle verlor A. Lochmeier völlig den Verstand. Oder hatte er ihn schon einen Satz vorher verloren? Er schrie, daß der Verhörraum vibrierte: „Stell dir vor, Luzi, ich wage es – ihr macht mit mir doch sowieso, was ihr wollt!"
Luz Engel und Herrschibert Göttl mussten lauthals lachen. „Du Depp! Merkst du denn gar nicht, wie sehr wir auf dich, kleines Garnichts, immer die größte Rücksicht genommen haben? Zugegeben, das taten wir aus Neugierde, denn sowas Verrücktes wie dich haben wir noch nie vorher gesehen, aber immerhin bliebst du weitgehend ungeschoren. Wir könnten dich, weiß Göttl, auch jederzeit zu Tode foltern."
Alfred A. Lochmeier stöhnte zustimmend. „Das Schlimme ist – ihr habt auch noch Recht. Wenn ich den Geschichtsverlauf genau betrachte, dann muss ich zugeben: Ich bin bisher von mich direkt betreffenden Kriegswirren, von Hungersnöten, oder von Mordanschlägen auf meine unmaßgebliche Person und von größeren Repressalien von Staats wegen einigermaßen verschont geblieben, von kleineren Ausnahmen (die mich schwer erschüttert haben) einmal abgesehen."
„Deshalb glaubst du ja auch es dir leisten zu können, alles zu kritisieren, was uns betrifft“, spöttelte Göttl boshaft.
„Trotzdem verweigere ich ein euch in den Kram passendes Geständnis!“
A. Lochmeier blieb uneinsichtig, weshalb die Staatsanwaltschaft nun auch schwerere Geschütze auffuhr. Ein Gerichtsdiener erschien mit einem riesigen Sack im Schlepptau. Darin befanden sich angeblich die gesammelten Bewiesmittel.Doch der Sack war viel zu groß. Er passte einfach nicht in den Verhörraum. Als Demonstration – als Druckmittel dem Angeklagten gegenüber – reichte der Anblick des oberen Zipfels, an dem die Schnur, mit der er verzurrt war, aber völlig aus.
Der arme Alfred A. Lochmeier erschrak.
„Gibst du zu, die Tatwaffe zu erkennen?“, brüllte Luz Engel.
„Ja, aber …“
„Kein Aber! Damit hast Du jahrzehntelang die Zeit totgeschlagen, Stunde für Stunde, Tag für Tag, anstatt dich dem allgemeinen Abblauf unterzuordnen, für das Wohl aller zu arbeiten und schließlich, sowie endlich, auch neue Diener für uns zu er-zeugen! Dazu noch ein Ausspruch von dir – deine Frau hat ihn uns als Kronzeugin zu Protokoll gegeben –, den du fatalerweise sogar für scherzhaft hieltest: ‚Jetzt habe ich wieder einen von diesen 365 Sauhunden totgeschlagen.‘ Hältst du das heute auch noch für witzig?“
Alfred verteidigte sich verzweifelt, wusste aber, daß er sich mittlerweile bereits selbst für ein Ekel hielt. „Was macht Ihr denn schon Sinnvolles mit uns? Inzwischen ist es eigentlich jedem arschklar und furzbegreiflich geworden, wo das mit uns endet. Dabei ist es nichts mehr und nichts weniger als logisch erkennbar, wer dafür zumindest mitverantwortlich ist. Sollen wir uns denn wirklich einfach bereitwillig und vor allem blind opfern, damit hier alles vor die Hunde gehen kann?“
„Es unterliegt nicht deiner Sorgfaltspflicht, dich in unsere Entscheidungen einzumischen“, herrschte ihn Herrschibert Göttl göttlich an. „Ob wir nun wissen was wir tun oder nicht, das geht dich nichts an! Wir entscheiden, damit basta! Da hilft dir auch deine Fäkalsprache nicht weiter! Und was den Sackinhalt angeht, den kannst du als Argument für Ausreden vergessen. Was drin ist, ist uns bekannt – eine Unzahl an Texten und gemalten Bildern. Vom Gewicht her ist dieser Unsinn jedoch nur dafür geeignet, die Zeit totzuschlagen. Das ist jedenfalls die für dich maßgebliche Bedeutung. Woher sollst du auch wissen, ob das für was gut ist, was du da machst. Davon unbenommen bleibt, ob wir in irgendeiner Zukunft einmal einen Teil davon verwenden wollen oder nicht. Doch das geht dich ebenfalls einen feuchten Kehricht an!“
„Seht ihr, ihr furchtbar hohen Herren, das habe ich gemeint. Ihr agiert nach ausschließlich EUREM Gutdünken. Der Zustand der Seelen ist euch gleichgültig. Ihr setzt sie nur ein, berücksichtigt dabei jedoch niemanden."
„Das genügt! Das hohe Gericht verurteilt dich hiermit, deinen ganz speziellen Weg, auf deiner ganz speziellen Green Mile zu gehen. Hingerichtet wirst du wie alle anderen auch. Ob du dabei etwas, nach deinem Dafürhalten, vollbracht haben wirst oder nicht, das steht allein in unseren Sternen …
Abführen!“
Kommentare
Gern verfolgt – den Text!
Der wahre Lebens-Bilder hext …
LG Axel
Man dankt!
LG Alf