,,Wir rasen der Tiefe entgegen. Machtlos. In Wirklichkeit ist es der Himmel...", so hat es Anonymus vor Augen. Er spürt einen feinen Luftzug,wie er durch seine Gedanken weht, sich an ihm saugt und sich wieder verflüchtigt. Mittendrin im Satz, hört er abrupt auf zu schreiben. Er überlegte nur kurz: Schemenhaft näherten sich erste Dächer einer Stadt. Noch war nicht klar, ob seine Stadt riesig oder klein verlaufen soll. Er war noch zu sehr mit der Landschaft beschäftigt und wollte wie ein Kunstmaler ein buntes Panorama schaffen.
,,Steig schon aus meinem Traum! Du bist der Letzte am Bord", flüstert etwas im Befehlston. Das aber hatte Anonymus nicht schreiben wollen. Er hörte daraufhin nur noch ein Brausen wie Wellen ans Ufer brechen. Etwas gravierendes hatte sich verändert. Daraufhin fällt ihn der Fremde auf dem Monsterbike ein. Dieser Mister Speed war wohl zu seiner Stadt unterwegs. Anonymus hatte sein ,, Kinderland" bunt ausgeschmückt gewünscht, wie wenn er eine Tanne für ein großes
Fest dekoriert. Plötzlich grummelt sein Bauch. Mit großen Heißhunger schöpft er einen Teller voll mit seinem Linseneintopf. Er schlingt fast alles in sich, denn er will zügig weiterschreiben.
,,Aus der Stadt wich ein schattenhaftes Wesen. Es hat sich tagsüber versteckt gehalten und treibt nun ziellos durch die Gassen. Auf einer der vielen Winkelgassen wanderten Frauen und Männer." Anonymus
las sich den letzten Satz noch einmal laut vor! Kinder waren dort nicht unterwegs. Alles wirkte beschwerlich. Anonymus erschrak fast dabei. Er konnte sich das nicht erklären; aber er konnte den Abschnitt auch nicht mehr rückgängig machen. Nach dem Punkt musste unweigerlich ein neuer Satz folgen.
Was es auch immer war:,, Ein schimmligfauler Geruch begleitete den stummen Tross. Er legt sich wie ein Mantel zu ihren Füßen und nistet im grauen Mörtel der Hauswände. Und es qualmen unzählige Schlote am Stadtrand."
Hier endet das Blatt. Anonymus weiß wirklicht nicht, wie er eine solche Stadt entwerfen konnte. Wo waren die Buchen, Tannen und Eichen. Die prächtigen Anhöhen und Wiesentäler. Dann dämmerte es ihm: Der Deal um mehr Zeit bis Mister Speed wieder zurückkäme. Was und überhaupt wie kann er die Dramaturgie ändern? Offensichtlich schwinden immer mehr bunte Farben. Inzwischen geistert nur ein Name in seinem Kopf herum:,,Fabrikokuluss".
Fabrikokuluss - Teil 2
von Frank Tegenthoff
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Interne Verweise
- Autorin/Autor: Frank Tegenthoff
- Prosa von Frank Tegenthoff
- Prosakategorie und Thema: Fantasy, Kurzgeschichten & Kurzprosa