Unsere Reisen 2006 und 2008 nach und in Australien gaben uns so viele positive Erlebnisse und Eindrücke, dass wir uns bald nach der Rückkehr Ende April 2008 entschlossen, 2010 noch einmal eine so lange Reise zu unternehmen.
Am 6. März 2009 schrieb ich unsere erste E-Mail über die Haustausch-Organisation HomeLink an Leon und Kate N. in Canberra, der Hauptstadt Australiens. Heute, am 8. Februar 2010, sitze ich am Computer in deren großen, schmucken Haus und schreibe diese ersten Zeilen eines Reiseberichts, der vielleicht sogar einmal fertig wird. Der von 2008 wurde fertig erst kurz vor Beginn dieser Reise, Mitte Januar 2010. Der von 2006 ist noch gar nicht angefangen, es gibt nur Skizzen und Erinnerungen.
Nicht alle Angeschriebenen waren interessiert, im Gegenteil. Wir schrieben insgesamt fast hundert Wohnungstausch-Einladungen bis diese 3-Monate-Reise nach Australien (Sydney, Canberra, Brisbane Wellington Point, Sunshine Beach bei Noosa) und Neuseeland (Auckland, Wellington, Nelson) unterbringungsmäßig unter Dach und Fach war. Der gesamte Briefwechsel umfasst sicherlich mehrere hundert E-Mails. Die Arbeit lohnt sich aber. Die Wohnkosten sind gleich Null und die Wohnqualität erfahrungsgemäß erster Klasse. Das ”Wohnen unter den Einwohnern” ist in Hotels nicht möglich und generell für so einen langen Aufenthalt nicht bezahlbar.
Wir wollten diesmal auch Neuseeland besuchen. Erstens sind wir so "nah" (3000 km) dran und zweitens kennen wir Australien jetzt relativ gut. Der Anfangsplan war, von Singapur zuerst nach Canberra (die etwas unbekannte Hauptstadt von Australien) zu fliegen und von dort zwei Wochen später nach Neuseeland. Ein Zwischenstop in Singapur war fest eingeplant, da es uns dort so gut gefällt.
Als wir im Herbst die Flugreisen buchen wollten, wurde es offenbar, dass wir immer noch Anfänger sind: Es gibt weder einen Direktflug von Singapur nach Canberra, noch von Canberra nach Neuseeland! Wir mussten umplanen.
Der neue Plan: Von Singapur nach Sydney, dort eine Woche bleiben und dann mit dem Bus weiter nach Canberrra, von dort zwei Wochen später über Sydney nach Neuseeland und vier Wochen später zurück nach Australien (Brisbane).
In Sydney waren wir schon 2006, aber nur drei Tage (in einem Hotel!). Außerdem könnten wir uns dort in Ruhe an die Zeitumstellung gewöhnen.
Wir schickten 20 Einladungen nach Sydney. Alle, bis auf eine Ausnahme, sagten ab. Ein Herr John Farrell antwortete positiv: Hi Willi, We may never visit your beautiful country but are very happy to extend good old Aussie hospitality to you. (Auch wenn wir Euch vielleicht nie in Eurem schönen Land besuchen werden, freuen wir uns, Euch echte australische Gastfreundschaft anbieten zu können.)
Die Wohnung hat John erst vor Kurzem gekauft, er selbst wohnt bei Brisbane. Sie liegt ca. 15 km von Sydneys Zentrum entfernt, im kleinen Stadtteil Dolls Point. Die Lage ist zauberhaft, direkt an einem kleinen Park, an dem sich ein zauberhafter Sandstrand anschließt. Wir bedankten uns für diesen neuerlichen Beweis der australischen Gastfreundschaft. Wir werden diesen freundlichen Gastgeber nie sehen.
Von Sydney geht es mit dem Bus für zwei Wochen nach Canberra. Dort verfügen wir über ein großes Haus mit Swimmingpool.
Auch mit Neuseeland hatten wir Glück. Der ursprüngliche Plan war: zwei Wochen Auckland, Elf-Stunden-Busreise zur Hauptstadt Wellington im Süden der Nordinsel, zwei Hotelübernachtungen, danach Fähre nach Picton und Bus nach Nelson. Wir erfuhren bald, dass die Hotels in Wellington sehr teuer sind und versuchten einen Haustausch. Wir boten eine Woche Åmål für 3 Tage Wellington. Am 6. Oktober schrieben wir zehn Wellington-Inserate bei HomeLink. Neun hatten kein Interesse, der Zehnte antwortete nicht. Wir waren auf Hotelübernachtungen eingestellt. Am 6. Dezember schrieb dieser Zehnte: OK ihr könnt kommen. Wir sind zu Hause und ihr seid unsere Gäste. 2010 kommen wir nicht nach Schweden. Vielleicht später einmal, oder auch nicht.
Wir werden am Busbahnhof abgeholt, und auf dem Weg zum Haus erhalten wir eine erste Führung durch die Innenstadt. Vielen Dank.
Die weiteren Stationen
Dem Aufenthalt in Neuseeland sehen wir mit großer Erwartung entgegen. Der Flug von Sydney nach Auckland, der größten Stadt Neuseelands, beträgt 3 Stunden. Auch hier wohnen wir zwei Wochen in einem komfortablen Haus. Der Gangabstand bis zur nächsten Meeresbucht beträgt 2 km. Die Busfahrt zur Hauptstadt Wellington führt uns fast durch die ganze Nordinsel. Nach drei Tagen dann mit der Fähre durch den Cook-Sund hinüber zur Südinsel nach Picton und von dort mit dem Bus nach Nelson. Den Bildern nach zu urteilen erwartet uns dort ein Traumhaus mit einem spektakulären Meerblick. Nach zwei weiteren Wochen Flug zurück nach Auckland und weiter nach Brisbane, Australien. Hier eine Woche zusammen mit der Sohn-Familie. Nach einer Woche weiter nach Sunshine Beach nahe Noosa (130 km nördlich von Brisbane). Nach drei Wochen zurück nach Brisbane für weitere zwei Tage. Danach zwei Tage in Singapur. (Nachträgliche Anmerkung: Durch die Vulkanstaubwolke über Europa verlängerte sich der Aufenthalt gezwungenermaßen, siehe Reisebericht "AU 2010 Gestrandet in Singapur..."). Am 21 April zurück in Schweden. Am 22. April wieder im wahren Leben: Rasenmähen und, und, und.......
Leider buchten wir diese lange Flugreise etwas zu spät. Zuerst versuchten wir es selbst über Internet. Dies war aber komplizierter als wir dachten und wir überließen das einem Reisebüro. Der zeitlich angenehmste Flug nach Singapur war aber schon ausgebucht. Unser Favorit-Hotel, Marina Mandarin an der Marina Bay im "absoluten" Zentrum, ist jedoch zu teuer geworden. Seit 2008 wird in Singapur ein Formel-1-Rennen ausgetragen und die Strecke führt direkt an diesem Hotel vorbei. Wir wählten ein Hotel etwas weiter weg am Singapore River. Es zeigte sich, dass dies eine gute Wahl war, die Lage ist wunderbar. Für die Rückreise kann das Hotel jedoch noch nicht gebucht werden, da die Preise noch nicht vorliegen, sagt unser Fräulein Emma vom Reisebüro. “Ich bleibe aber dran und melde mich über Internet.” Ok, ein bisschen Spannung muss sein.
Die anderen Buchungen (Bus Sydney-Canberra; Auckland-Wellington; Picton-Nelson und Fähre Wellington-Picton buchten und bezahlten wir aber selbst über Internet. Sehr praktisch!
Nun war alles gebucht, die laufenden Rechnungen auf Internetbezahlung umdirigiert, Nachbar und Gullans Bruder erhielten je einen Hausschlüssel und unseren Reiseplan mit Telefonnummern. Wir kauften einen neuen, kleineren Koffer, packten die kurzen Hosen ein und es konnte los gehen!
Los geht’s
Am 18. Januar 2010 saßen wir im Auto und fuhren zu Tochter Karin in der Nähe von Göteborg. Es lag ziemlich viel Schnee und ich hatte nichts dagegen, dass ich in diesem Winter keine Gänge mehr im Schnee vom Haus zum Briefkasten, zur Garage und zum Holzschuppen schaufeln musste.
Am nächsten Tag fuhren wir die kurze Strecke nach Kungsbacka und kauften einige Sachen, die wir mit auf die Reise nehmen wollten.
Am Abend legten wir uns um 10 Uhr ins Bett. Der Flug nach London ging 7:15 Uhr und wir stellten den Wecker auf 4:00 Uhr. Wir schliefen beide schlecht, wie fast immer in den letzten Jahren, wenn der gewohnte Rythmus gestört wird. Das legt sich aber nach 1-2 Tagen. Wir fuhren allein zum Flugplatz in Göteborg. Karin und Anders holen unser Auto auf dem Weg zur Arbeit ab und hatten für die nächsten drei Monate ein Zweitauto.
Flug Göteborg - London - Singapur
Das Einchecken in Göteborg Landvetter dauerte nur einige Minuten, und nun hatten wir fast zwei Stunden Zeit bis zum Abflug. Wir kauften uns Kaffee und aßen unsere mitgebrachten Brote. Bei Flügen kürzer als zwei Stunden kann man nichts Essbares mehr an Bord erwarten. Nach einer Stunde und 40 Minuten machte die schwedische Chefpilotin eine sehr sanfte Landung in London Heathrow. Der Terminal dieses größten europäischen Flugplatzes war genau so eng, voll und verschlissen wie man uns das erzählt hat. Wir (ich) wählten ihn als Startplatz nach Singapur um mit dem neuen doppelstöckigen Airbus 380 der Singapore Airlines zu fliegen. Wir hatten 3 Stunden Wartezeit, was in Ordnung war. Jede weitere Stunde wäre eine Plage gewesen.
Wir sahen unseren Airbus 380 von unserem Flugsteig durch ein großes Fenster. Unsere Sitze waren im Oberdeck. Die neue Erfahrung bestand darin, dass man zu diesem einen eigenen Zugang vom Terminal hatte. Ich dachte wir gelangten über eine Treppe im Flugzeug nach oben. Aber das wollte man der Ersten- und Business-Klasse in diesem neuen Super-Jumbo nicht zumuten. Die Sitze in der oberen Touristenkasse waren genau so eng wie in allen Flugzeugen, nur der Monitor, auf dem man sich allerlei Filme anschauen kann, ist eine Nummer größer geworden.
Jetzt ging es darum, die 12 Stunden Reisezeit durchzustehen, bzw. -sitzen. Die ersten Stunden sind kein Problem. Die Stewardessen der Singapore Airlines sind ein netter Grund dafür: hübsch, klein, schlank und immer freundlich lächelnd trippeln sie in ihren typisch gemusterten, langen Abendkleidern (Uniform wäre eine beleidigende Beschreibung) immer wieder durch die Reihen und reichen Getränke und Essen. Die nächsten Stunden versucht man zu schlafen, was vielen gelingt aber nicht mir. Gullan schlief vielleicht zwei Stunden. Die kommenden Stunden (mit Ausnahme der allerletzten) sind eine Plage. Wir flogen nach Osten, also der Sonne entgegen, weshalb der helle Teil des Tages wie „im Fluge“ verging. Als wir in Singapur landeten war es schon wieder früh am Morgen.
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Herausragende Erinnerungen, die in kommenden Berichten beschrieben werden:
Sydney: Tragikomik beim Versuch in die Wohnung zu gelangen. Rundwanderung in der Endeavour, dem Segelschiff des Seefahrers und Entdeckers James Cook, mit dem dieser zwischen 1768 und 1771 seine erste Entdeckungsreise unternahm und u.a. als erster an der Ostküste Australiens entlangfuhr und diese kartografierte.
Canberra: Begegnung mit Schwarzen Schwänen und Aborignes in der provisorischen "Zelt-Botschaft" vor dem alten Parlamentsgebäude.
Auckland: Ungeplante Abenteuer in und von luftiger Höhe.
Wellington: Drei Tage ununterbrochene Hauptstadtbesichtigung.
Nelson: Wohnen im Luxushaus in unüberbietbar schöner und historischer Lage. Tageswanderung im Abel Tasman Nationalpark.
Brisbane, Wellington Point: Eine Woche Relaxing pur.
Sunshine Beach: Noch eine (kostenlose) Luxusunterkunft. Wunderbare Wanderungen an Küste und durch Regenwald. Eine interessante Fliegerbekanntschaft.
Singapur: Unfreiwillige Aufenthaltsverlängerung.
© Willi Grigor, 2010 (Rev. 2016)
Siehe auch
literatpro.de/prosa/290316/gestrandet-in-singapur