Gott mit Dir, Du Land der Bayern! oder: 2084 - 100 Jahre nach 1984 (mehr als) frei nach George Orwell

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Wir schreiben das Jahr des Herrn 2084, befinden uns im BAYERISCHEN STAATSWESEN, haben es immer noch zu keinem König gebracht, wenngleich die ganz Alten nicht müde zu werden scheinen – in der Monotonie tibetanischen Gebetsmühlen vergleichbar - unablässig irgendetwas von so irgendeinem „Wiggerl“ vor sich hinzusabbern ...

Das BAYERISCHE SCHULWESEN experimentiert bis zur Selbstzerstörung vor sich hin, die „Haupt“- schule hat selbiges auf dem Schafotte ebenso unzähliger wie unnötiger Bildungsreformen schon lange verloren, das Kultusministerium zeigt sich im Chore mit der BAYERISCHEN STAATSREGIERUNG in der Öffentlichkeit zufrieden lächelnd wie ein satter Säugling und die früheren Unzulänglichkeiten wurden durch „Kompetenzen“ ersetzt, welche eigentlich (im ursprünglichen Wortsinne!) „Impotenzen“ heißen müssten. Dieser Begriff wird aber vermieden, da er zu sehr peinlich medizinisch angehaucht und damit der Gefahr ausgeliefert ist, missverstanden zu werden. Fast jeder kann das Abitur erreichen (das hörte man auch schon einmal im 20. Jahrhundert!), wer es nicht schafft, bekommt es in einem BAYERISCHEN GNADENAKTE (vgl. BSAG §23ff. s. Anm.) geschenkt, denn es ist ohnedies geschenkt, hat man doch in den letzten einhundert Jahren soviel herumexperimentiert, dass man sich jetzt endlich auf das Wesentliche beschränkt: Wer mit Rechtschreibfehlern behaftete SMSs schreiben kann, gehört schon zur Elite. Wer dies nicht beherrscht, dafür aber im Zahlenraume von 1-10 sich ohne Taschenrechner zurechtfindet, gilt als „einseitig hochbegabt“, wer gar beide Kompetenzen vorzuweisen imstande ist, wird als Universalgenie gehandelt, dem stehen karrieremäßig alle Türen offen.
Das BAYERISCHE SCHULWESEN war eben immer schon mustergültig!

Die Rechte der Eltern entwickelten sich – der Weitsicht der Schulbehörden sei Dank – so weit, dass Lehrer bei den Eltern die jeweilige Genehmigung einzuholen haben, wenn sie es sich erdreisten sollten, Hausaufgaben zu geben. Proben sind, mindestens eine Woche vor Abhaltung derselben !, den Eltern zur Prüfung, Vorbereitung und Genehmigung vorzulegen. Diese sinnvolle Verordnung befreit den Lehrer vom früheren „Fallenstellertum“ und lässt ihm mehr Freiraum für kaum noch greifende pädagogische Maßnahmen, gleichzeitig ist sie unter dem Aspekte des Umweltschutzes zu sehen, da es den (wenigen überhaupt noch) interessierten Eltern nicht mehr zugemutet wird, sich ganze Jahrgänge von Proben gegenseitig zu kopieren und auszutauschen, um letztlich Tonnen von Papier - zum Leidwesen ihres sie quälenden Umweltgewissens - entsorgen zu müssen. Nur so sieht gelebte BAYERISCHE Demokratie aus!

Die BAYERISCHEN Lehrer wissen immer noch nicht, ob übergeordnete Instanzen ihnen den Rücken mehr zu stärken oder ihnen eher in selbigen zu fallen pflegen.
Nach unabhängigen Untersuchungen des BAYERISCHEN STATISTISCHEN LANDESAMTES liegt hierzu ein klares Ergebnis von 99,99% vor, es darf aber – des Arbeitsfriedens willen – nicht bekanntgegeben werden, für welche der beiden oben genannten Möglichkeiten dieser Prozentsatz ermittelt wurde.
Um der Individualität der Lehrerpersönlichkeit gerecht zu werden, gibt es erfreulicherweise trotz aller ansonsten üblich gewordenen Gleichschaltungstendenzen keine Kleiderordnung für Lehrer. Selbst Kleidungsstücke, welche das prüde 20.Jahrhundert aus sittlicher Hinsicht als höchst unanständig und verwerflich betrachtet hätte, können getragen werden. Die weise Begründung des Ministeriums (Zitat):
„ ADS-infizierte Schüler – das sind inzwischen die meisten - können an Randerscheinungen des Unterrichts, welche sie gar nicht mitbekommen, auch keinen Schaden nehmen. Wer beispielsweise überhaupt nicht merkt, dass eine Lehrkraft schon seit drei Stunden mehr oder weniger verzweifelt, einem Alleinunterhalter alle Ehre machend, bis an die Grenze zum Autismus unterrichtet, kann an deren Kleidung unmöglich Anstoß nehmen. Da das erste Unterrichtsprinzip ferner die Selbstverwirklichung jedwelchen Kindes ist, jedes – pädagogisch und lernpsychologisch gesehen - dort abgeholt werden soll, wo es steht (und dort auch stehen bleiben darf, wenn es ihm beliebt), stellt es ein nicht zu verleugnendes Grundrecht des Schülers dar, zu tun, was ihm zu Gemüte steht. Es ist einem nach sinnvollen Individual-Kompetenzen strebenden jungen Menschen nicht zumutbar, sich durch Betrachtung des Lehrers von seinem hehren Ziele abbringen zu lassen! Ein Lehrkörper, der trotz physischer Anwesenheit eigentlich zu einem Leerkörper geworden ist, kann sich – da er quasi isolierter als in einer Umkleidekabine herumsteht – kleiden, so unmöglich er auch möglicherweise will. Eine Kleiderordung käme einem Rückfalle in die pädagogische Barbarei früherer Zeiten gleich.“

Natürlich hat derartige lobenswerte Großzügigkeit auch ihre Grenzen, ganz ohne Ordnung geht es eben nicht. Wer FREI VON einer Kleiderordnung ist, muss aus Loyalität dem BAYERISCHEN STAATE gegenüber FREI FÜR das Tragen einer BAYERISCHEN BESONDERHEIT sein. Nein, es handelt sich um keinen „Verdienstorden für besondere Tapferkeit vor den Eltern“, eine solche ist auch gar nicht erwünscht, gaben doch gerade höchste Stellen immer mehr antike Rechtspositionen erfolgreich auf. Es handelt sich um ein von der italienischen Designer-Legende Lumpo di Schleimo entwickeltes Halfmet, eine technisch und modisch ausgereifte Mischung zwischen einem Halfter und einem Kummet, welches jeder Lehrer über seiner jeweiligen Kleidung in dienstlichen Gefilden zu tragen verpflichtet ist. Technische Feinheiten wie GPS-Kontrolle, elektromagnetische Anti-Burnout-Steuerung und Unterrichts-Fernmithör-Systeme wurden in das Halfmet integriert. Um die Effektivität des Halfmets noch zu steigern und einer Lehrkraft zumindest EIN tägliches Erfolgserlebnis zu vermitteln, trägt di Schleimos Entwicklung auf der Rückenseite einen Adapter mit einem nahezu unauffälligen 3/4Zoll-Gewinde zur Aufnahme eines handelsüblichen Besenstieles. So das Dienstgebäude betreten wird, hat der Beamte also einen Besen hinter sich herzuziehen, sodass er unschwer neben seinen Dienstgeschäften das Schulgebäude zu reinigen imstande ist und ... somit eine weitere Kompetenz gewonnen hat! Tiefgreifendere Besen-Führungs- Kompetenzen können in schulinternen Fortbildungen aber auch in speziellen Kursen, beispielsweise in Schnitt-Lauchingen, Petersilingen oder Dill-Lingen, erworben werden. Die Teilnahme ist selbstverständlich verpflichtend.

Über den im Halfmet eingebauten amtlich geeichten Schrittzähler, können die relative ebenso wie die absolute Reinigungskompetenz einer Lehrkraft sehr exakt ermittelt werden. Aussagekräftige TÜV-Gutachten liegen der fürsorglichen BAYERISCHEN STAATSREGIERUNG in mehr als ausreichendem Maße vor, was von allen Betroffenen nur begrüßt werden kann, da neben den Lehr- auch die Kehrkompetenzen in die Beurteilung eines Lehrenden – nach einer noch unbestimmten Übergangszeit – einfließen werden.

Gott mit Dir, Du Land der Bayern!,
denn offensichtlich kannst nur Du noch helfen? Oder auch schon nicht mehr?

Anm.: BSAG = Bayer.Staatsabitur-Gesetz

entstanden: 26.04.2015

Interne Verweise

Kommentare

02. Dez 2018

ACH DU JE - wie siehts denn dann wohl in den anderen Bundesländern aus ... schulpolitisch-apokalyptisch ...

15. Dez 2018

Hm ... ich muss ja nicht unbedingt recht haben, aber als ehemaliger Insider ... na ja, kein Vogel sollte ins eigene Nest machen ... aber es plagen mich halt meine sorgenträchtigen Gedanken ... in schlafarmen Nächten ...

Es wünscht Dir eine Nämliche in erholsamster Ausführung
Alfred!