Valeska Csar: Die Geschichte meines Namens

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Mein Name ist Valeska Csar. „Valeska“ wird gesprochen wie man es schreibt. Eine Franziska mit Wallungen. Csar bitte als „Tschar“, wenngleich es mir durchaus schmeichelt nach dem zeitlosen umher Starren in diversen Wartezimmern zum Cäsar oder Zaren meiner Luftschlösser erhoben zu werden. Mein Name klingt exotisch, ist er aber nicht. Eher alt-österreichisch. Wohl deshalb.

Vielleicht ist Ihnen mit meinem vollen Namen besser geholfen: Valeska Csar-Frauenberg. Danke, ich bin nicht verheiratet. Nein, ich führe meinen Mann nicht als Anhängsel. Darum verwende ich den zweiten Teil nie. Ich komm‘ mir dabei alt vor.
Dabei ist es gerade das Alte, die Geschichte hinter meinem Namen, die mich ihn so lieben lässt. Valeska, das ist der Name meiner Ur-Großmutter mütterlicherseits, Valeska Rath, ein jüdischer Name. Entgegen allen Urteilen war sie weder wohlhabend, gar geschäftig oder mit dem Glück gesegnet die Reichsfluchtsteuer entrichten zu können. Aber sie war eine kecke, resche, liebevolle ledige Mutter. Böse Zungen hätten gemeint der größte aller Drachen auf der Welt. Meine Großmutter, der die Flucht nach Übersee zuvor mit ihrem Onkel gelungen war, wollte sie in ihrer lebenslangen Sehnsucht ehren für die Frau und Mutter, die sie gewesen war. Auch meiner Mutter war ihr Gedächtnis ein Anliegen, darum kann ich aus vollem Herzen meinen sie gut genug zu kennen, um stolz zu sagen: Danke, Valeska, dass ich deinen Namen tragen darf!

Auch den Namen väterlicherseits trage ich mit fast so stolzer Brust, wie einst meine Ahnen den Orden, der dem Privileg als Zeichen galt: Ritter Csar von Frauenberg. Das würde mich wohl zur „Frau Csar von Frauenberg“ machen. Oder ganz: „Frau Valeska Frau Csar von Frauenberg.“ Klingt deppert, ist es auch. Da braucht es eindeutig eine schneidige „Ritterin“. Aber seit das Adelsaufhebungsgesetz von 1919 den Namen auf „Csar-Frauenberg“ gestutzt hatte, ist alles nur mehr eine lustige Spielerei, da niemand mehr weiß für welche Ritterhaftigkeit wir „Csar“ privilegiert worden sind. Man spaßelt, ich hätte es verdient fürs Spritzer trinken, da wäre ich mindestens auf Ritter-Niveau. Böse Gerüchte.

Den Frauenberg gibt es übrigens wirklich. Er überragt die römisch-keltische Stadt Flavia Solva, im heutigen Leibnitz in der Steiermark. Das „Frau“ bezieht sich dabei auf die stillende Jungfrau Maria, die wiederum selbst der christliche Ersatz für eine pagane mütterliche Obergottheit war, die mit der Isis gleichgesetzt wurde. Von diesem Berg leuchten seit Jahrtausenden deren Tempel, Kirchen und Kultstätten gemeinsam mit den funkelnden Blicken der Besucher verheißungsvoll ins Tal hinab. Manchmal nehme ich die kleine Reise auf mich, um mich dort zu sammeln und nachzudenken. Erfreue mich, dass mein Vorfahre wollte, dass unsere Familie diesen Ort im Namen trägt. Und habe dabei furchtbare Gewissensbisse ihn nur spärlich in Verwendung zu halten. Beim Abbild der Muttergottheit muss ich gerne an meine Ur-Großmutter Valeska denken. Warum weiß ich nicht. Wahrscheinlich weil mein Kopf es möchte, dass alles Rund ist und zusammenhängt, mangels zweitem Bindestrich.

So hat mein Name seine Geschichte in meiner Geschichte, zu der ich selbst noch ein paar Kapitel anfügen möchte. Der Name bleibt aber so. Das ist fix. Ich mag ihn jedenfalls. Mein Name ist Valeska Csar. „Tschar“. Denken Sie daran im nächsten Wartezimmer.

(c) Valeska Csar/Dominik Rath

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Kommentare

13. Mär 2020

Toll geschrieben, liebe Valeska. :)
Lustig, unterhaltsam, kurzweilig und interessant. Ich hätte sehr gerne weiter gelesen und mehr erfahren wollen.
Sehr schön! :)

Herzliche Grüße
Ella

13. Mär 2020

Vielen Dank, liebe Ella!
Freut mich, dass es dir gefallen hat :)

Herzliche Grüße,
Valeska