BAHNHOF
Ich stehe auf einem Bahnsteig, als plötzlich hinter mir ein Schnellzug
vorbeirast. Ein donnerndes Geräusch, der Bahnsteig bebt. Die
Erschütterung löst etwas in mir. Schnell drehe ich mich um.
Berlin-Warszawa-Express lese ich – und begreife in einem
überscharfen Moment, wie meine Träume auf einen Waggon
springen und in die Ferne rasen in einem hämmernden Rhythmus.
Dann, die leeren Schienen und ich. Hin sind sie, hinüber. Übrig
geblieben stehe ich nun da.
*
SCHAFE
Aus dem Grün der Wiese leuchtet ein weißer Fleck, ich gehe auf
ihn zu. Wie eine weiße Skulptur mit zehn Köpfen stehen die Schafe
regungslos dicht hintereinander, vor ihnen der Leithammel. Die
Reihe nicht aus den Augen lassend, trete ich näher, bleibe stehen
und starre die Schafe an. Sie stehen einfach nur da. In ihren Anblick
versunken, wird es ganz still in mir. Unmerklich vergeht Zeit. Dann,
auf einmal wird es mir klar: Ich stehe da wie ein elftes Schaf!
*
NACHTFAHRT
Endlich kommt der Bus. Ich zögere einzusteigen. Die leuchtend
grüne Anzeige an seiner Front ist leer. „Wohin fahren Sie?“, fragt
ein Mann den Busfahrer. „Zum Hauptbahnhof wie immer“, antwortet
er seltsam lächelnd und fährt los. Ich sitze im Bus, schaue aus
dem Fenster und wünsche: Wenn er doch abheben würde,
inmitten der Nacht ins Grüne führe, dieser schlingernde unreife Bus
ohne Nummer und Ziel! – Und erfinde mir eine Irrfahrt auf
moosiger Allee zum neonfarbigen Ufer meines Traums.