Es ist unbestreitbar wahr. Der 1. März ist ein Sonntag gewesen. Und in der ersten Woche ging der Kurs bei der Startrampe volle fünf Tage, von Montagmorgen bis Freitagnachmittag. Aber jener Montag war der 2., nicht der 1. März.
Von der Kursorganisation hat jeder seinen Leitz-Ordner mit allen Unterlagen überreicht bekommen. Hinten auf dessen Rücken steht immer noch: Startrampe, Vermittlung für langzeitarbeitslose Schwerbehinderte, 1. März 2015 bis 29. Februar 2016. Beim Jahr 2016 handelt es sich um ein Schaltjahr, ein 29. Februar ist dabei und das ist Montag.
Man hatte das seinerzeit gemäß des Kaufvertrags mit der Arbeitsagentur so geschrieben. Wir erinnern uns an den Anfang dieses Büchleins. Das Arbeitsamt kauft die Trainings von den privaten Fortbildern für je ein Jahr im Voraus. Gleich schon war aber vorgesehen, dass die zwölf Monate in zwei Tranchen zu je einem halben Jahr geteilt werden. Dass die erste Generation von Teilnehmern März bis August dabei sein wird (sofern sie nicht in Arbeit vermittelt werden). Dass grundsätzlich, wenn das angebracht schiene, Teilnehmer auch Verlängerungen ihrer Maßnahmedauer gewährt bekommen könnten.
Es kam so, weil aus der ersten Generation mehrere Leute, aus unterschiedlichen Gründen, den Kurs verlassen haben und die Kapazitäten mit Neueinsteigern gefüllt wurden, dass die letzte Woche im August für manche nichts Besonderes sein wird, für andere die ihrer Good-byes.
Die vierte Vermittelte aus besagter Generation 1 war Frau Brückner gewesen. Sie soll jetzt Verwendung finden als stundenweise häusliche Helferin für ältere Pflegefälle. Quasi ein abrufbarer und bezahlter Sozialkontakt für die vereinsamten Menschen, falls sich das in etwa so verhält, wie Frau Henkenhaf es erzählt. (Was ja nicht immer sein muss, wie wir in einem halben Jahr Kurs kaum umhin kamen zu bemerken.)
Außerdem hat es noch den ehemaligen Reichsbahner Mauke gegeben. Dieser hatte die Kunst des Unsichtbarwerdens bei objektiv nachweisbarer Anwesenheit meisterhaft entwickelt. Und dann, nach dem vorgezogenen Schluss seines Praktikums in der Lagerwirtschaft, mit kurzfristig vorgebrachten Urlaubsplänen, die sich mit den Schulferien des kleinen Sohns deckten, nicht den Eindruck erweckt, er wäre auf seine persönliche Ehrenrunde bei der Startrampe nach den Sommerferien (Nacharbeiten der Fehlzeiten) gespannt und im Herbst auch noch auf eine Verlängerung.
Der zappelige Herr Störk ist mit so vielem beschäftigt. Vor allem im Internet findet er ein Auskommen. Zwei Bewerbungsgespräche, ihre Idee vom Hausmeister, hatte Frau Henkenhaf ihm süffisant aufs Auge gedrückt. Da hatte Herr Störk immer erklärt, wohlgemerkt in Henkenhafs Anwesenheit, das wäre nichts, das könnte nur scheitern, die würden dort jemand anderen suchen. Herr Störk ist halt speziell. So speziell, dass in einem halben Jahr, obwohl der Arbeitsauftrag ihm erteilt worden war, es ihm nie gelang in Worte zu fassen, bei welcher Arbeit er die Sphäre für sich erkennen könnte.
Herr Schmolzacher und Frau Wergraff sind zum Separatpaar geworden, falls sie überhaupt je erscheinen. Die sind nach wie vor oft krank und haben so viele Tage ohne Nachholen ihrer Fehlzeiten verbracht, dass nicht länger denkbar ist, sie könnten bis Ende August diese Stunden etwa noch absitzen. Vorgestellt hatten sie sich mehrfach mehrerenorts, nie war etwas greifbar geworden.
Die zwei Startrampen-Tage in der Woche sind der Mittwoch und der Donnerstag. In der letzten Augustwoche sind es der 26. und 27. In der folgenden ersten Septemberwoche, nur für die neueren Teilnehmer, die später als März begonnen haben, 2. und 3. September. An diesen Tagen kann Frau Henkenhaf aber nicht. Auch der Kursraum steht dann nicht zur Verfügung, weil sie den neuen Kurs für die Gehörlosen willkommen heißt, samt Gebärdendolmetscher, versteht sich. Aus diesem Grund werden die Kurstage für die eine Woche verschoben und zwar vorgezogen auf den 31. August und den 1. September, auf Montag und Dienstag nächste Woche also.
Wir erinnern uns ein letztes Mal des Beginns unserer Startrampen-Maßnahme. Formal wurde sie ab dem 1. März geführt (vergleiche unsere Ordnerrücken), faktisch hatte sie aber erst am 2. März begonnen, an einem Montag nach einem Sonntag. Von da ab gerechnet sechs Monate ist der 31. August, also der Montag, immer noch Teil der halbjährigen Maßnahme. Eigentlich ist Montag ja nie mehr Kurstag gewesen, nun aber einmal doch, weil halt vorverschoben. Und wo jetzt zu den sechs Monaten im letzten Moment der 31. August hinzugekommen ist, kommt auch der Dienstag, also der 1. September, noch dazu, weil das irgendwie so sich ziemt oder so, muss schon stimmen, ist eine Kalenderreform.
So muss das gemacht werden, damit Frau Henkenhaf in der Vertretungswoche von ihrer Vertreterin den halbleeren, müden Alt-Kurs bespielt bekommt und nicht die Neueinsteiger für die nächsten sechs Monate auf eine Dozentin treffen, die sie gar nicht haben werden.
Herr Sidi, der Syrer, erfährt es amtlich jetzt erst - also er tut so, als wisse er immer noch nichts, in der Pause hatten wir es ihm schon hinterbracht, dass er wegen seiner Syrienabwesenheit nicht mit den anderen weg darf, sondern noch bis Ende November hier bleiben muss.
„Mit mir hat niemand gesprochen“, ruft er ärgerlich.
„Sie mussten wir abbrechen und neu einsetzen“, sagt Frau Henkenhaf.
„Ich kann hier nicht rumsitzen. Ich brauche eine Arbeit“, klagt Herr Sidi, der wohl nicht verstanden hat, dass er deswegen hier sitzt, um seine Arbeit zu bekommen.
„Das mache ich nicht. Dieser Urlaub war nicht freiwillig. Ich musste fahren. Warum muss ich länger hier sein?“
Interessant wäre ja die Frage, die Herr Sidi aber nicht stellt, ob er nicht im Frühjahr, wie wir alle, seine Bereitschaft zur Anwesenheit bis Ende August per Unterschrift freiwillig bezeugt hat. Wäre dann nicht angebracht, ihn, wenn der Kurs bis Ende November weitergeht, um eine zweite Unterschrift zu bitten?