... weil der Inhalt Probleme verusacht

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von Susanna Ka

Es sollte sooo ein schöner Krimi werden. Das ganze Pfingstwochenende hatte ich daran gearbeitet, und die folgende Woche auch.
„Sex and Crime“ wollte ich Euch servieren, liebe Leserinnen und Leser „Sex and Crime“ vom Feinsten.
Zuerst gestaltete sich das Unternehmen recht einfach. Ich hatte einen Plot – naja, etwa bis zur Mitte -, ich war mit den Charakteren vertraut, denn sie hatten schon in anderen Geschichten mitgespielt, und ich wusste den letzten Satz.
Also floss der Text leicht aus meinem Ärmel in die Tastatur. Aber dort, wo der Polt endete und ich mich nur noch auf meine Stichpunkte verlassen konnte, stockte es. Kommissar Lucasz - ein sonst so fähiger Mann – weigerte sich, den Tatsachen ins Auge.

Es ging um Folgendes:
Ada, die Frau des Staatsanwalts, betrog ihren Mann nach Strich und Faden. Da er sie finanziell recht knapp hielt, verdiente sie sich auf diese Weise ein reichliches Zubrot. Sie arbeitete in einem speziellen Etablissement, in dem sie in obskuren Verkleidungen und mit bizarren Handwerkszeug ihre Kunden glücklich machte.
Staatsanwalt Berger, selbst Kunde in diesem Haus, bekam das natürlich schnell heraus und fürchtete um seinen Ruf.
Was wäre, wenn seine Kollegen, Anwälte und Richter, hierherkämen und seine Frau erkannten – oder vielleicht sogar von ihr „bedient“ wurden?
Dieses Risiko konnte er nicht eingehen und musste es so schnell wie möglich beseitigen. Also ölte er die alte Luger aus seiner Waffensammlung, steckte die Munition in die Taschen seines Trenchcoats und setzte einen breitkrempigen Hut zur Tarnung auf. Dann rief er Erika an. Erika, seine Geliebte und gleichzeitig die Ehefrau von Kommissar Lucasz.
Es gelang Berger schnell, zu Ada vorzudringen. Ein einziger Schuss ins Herz und … Blut, viel Blut. Er schlüpfte aus seinem Mantel, ließ auch Hut und Luger am Tatort zurück, und verließ das Zimmer. Erika huschte hinein, ignorierte, so gut es ging, die tote Freundin, nahm die blutbespritzten Sachen und die Waffe an sich und wischte zum Schluss die Türklinke ab. Noch während seine Geliebte die Beweisstücke vernichtete, entspannte sich der Herr Staatsanwalt in den Armen von Adas Kolleginnen.

Bis hierhin lief es recht gut.
Aber dann kam Kommissar Lukasz zum Tatort. Schon der Anblick der Leiche brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Ada, diese liebenswerte und souveräne Frau, für die er alles getan hätte - Ada in diesem Haus, in dieser Kostümierung – wie sollte er das dem Staatsanwalt erklären? Er weigerte sich, ihre Identität anzuerkennen, bis sie durch ihren verstörten und vor Kummer gebeugten Ehemann identifiziert worden war. Zur Sicherheit ließ er noch ihr Gebiss mit den Röntgenaufnahmen ihres Zahnarztes vergleichen.
Lucasz konnte und wollte es immer noch nicht fassen.
Widerwillig begann er, sich durch den Sündenpfuhl zu arbeiten. Mit „spitzen Fingern, wie man so schön sagt. Dabei sah er sich einer Phalanx aus Mistrauen und Ablehnung gegenüber. Die Damen verweigerten die Aussagen, aus Angst, sie könnten das nächste Opfer sein. Eine Liste aller Kunden dieses Etablissements hätte er nur mit Bewilligung des Staatsanwalts bekommen, aber Berger weigerte sich.
„Wollen sie denn nicht, dass der Tod ihrer Frau aufgeklärt wird?“
fragte Lucasz.
Berger schüttelte den Kopf.
„Lucasz, es ist schon alles schlimm genug. Ich möchte nicht, dass das Andenken meiner Frau noch mehr beschmutzt wird. Wir wissen doch gar nicht, wie sie in dieses Haus hineingeraten ist. Und wir wissen auch nicht, wer in diesem Haus verkehrt. Richter, Anwälte, hohe Beamte … Lucasz, es gäbe einen riesigen Skandal.“
Der Kommissar stand einmal mehr fassungslos im Raum.
‚Richter, Anwälte … war der gute Ruf eines Mannes tatsächlich einen unaufgeklärten Mord wert?‘

Auch bis zu diesem Absatz konnte ich mich noch gut vorarbeiten, obwohl mein Herr Kommissar mit seiner Begriffsstutzigkeit die Geschichte langsam ausbremste.
Warum hatte er nicht nach dem Kaliber gefragt, an dem Ada sterben musste? Die Kugel hatte doch noch in ihrem Körper gesteckt. 9mm Parabellum wies eindeutig auf eine Luger hin. Mit der Kontrolle aller gemeldeten Waffen wäre er schnell beim Staatsanwalt gelandet. Und dass dessen Waffe samt Munition verschwunden war, hätte ihn verdächtig gemacht.
Aber Lucasz war wie vor den Kopf geschlagen.
Schließlich kam er auf die Idee, jemanden „under Cover“ in das Etablissement zu schleusen. Ein Kollege als „Kunde“ würde vielleicht nicht viel herausbekommen, aber eine Frau, die sich dort „Glücksbringerin“ bewarb - schließlich war Adas Platz ja jetzt frei …
Erika … nein, er konnte doch nicht seine eigene Frau ins Bordell schicken. Oder doch? Im Dienste des Staates? Schließlich war sie Polizistin und kannte ihre Pflicht. Er würde noch einmal mit dem Staatsanwalt reden.
Als er in der Chefetage aus dem Fahrstuhl stieg sah er ihn, den Herrn Staatsanwalt, wie er sich galant vor Erika verbeugte und ihre Hand mit den Lippen berührte. Er sah Erikas verzücktes Lächeln und wusste, dass seine Frau, seine Erika, schon längst einen freien Platz eingenommen hatte. In diesem Moment wurde ihm schwarz vor Augen.

Ich hörte auf zu schreiben. Was für ein ein Weichei! Anstatt mit einem Donnerwetter dazwischen zu gehen, verlor der Herr Kommissar das Bewusstsein. In dem Moment, in dem die Geschichte erst richtig losgehen sollte, in dem sie sich nach allen Seiten öffnete, zog sich meine wichtigste Hauptfigur aus der Affäre.

Ich speicherte, schloss das Programm und verschob die Fortgang des Schlamassels bis auf Weiteres.
Als ich am nächsten Morgen die Datei wieder aufrufen wollte, erschien ein Dialogfeld:

„Leider kann ‚Ada‘ nicht geöffnet werden, weil der Inhalt Probleme verursacht.“

Ja, das war mir klar, ich selbst hatte ja auch Probleme mit dem Inhalt. Aber was weiß der Rechner davon? Sitzt vielleicht ein Zwerg darin und liest Korrektur? Das Original dieses Krimis war auch nicht ganz jugendfrei, vielleicht hat ihm das nicht gefallen.
Jedenfalls konnte ich „Ada“ – so der Arbeitstitel – nicht wieder aufrufen. Es blieb mir also nichts weiter übrig, diese Zusammenfassung für Euch zu schreiben.

Dieses Dialogfeld ist kein Scherz. Was auch immer diese Probleme verursacht, "Ada" bleibt verschlossen.

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