Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten

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112. Schritt

…heraus, heraus, herauszufinden galt es nun wie ich gebaut war: Männchen oder Weibchen? Es soll ja auch Leute geben, die sich ihr Leben lang nicht entscheiden können. Das kann aber auch Mache sein und unter „Auffallen um jeden Preis“ abgeheftet werden. Alles andere steht auf einem anderen Blatt!

Ich war selbstverständlich wieder mal ganz aus der Art geschlagen: ich wollte mir alle Optionen, innerhalb des Begriffs „Männlich sein“ offenhalten. Ich hatte dieses eigentümliche Schwänzchen, mit dem man nicht wedeln kann, zwischen den Beinen und da ich mit ihm zunächst nichts weiter anzufangen wusste als Pissen, war ich auf die Zukunft gespannt.

Das Fleisch wuchs ja in eine bestimmte Richtung, weshalb ich neugierig war, was sich noch draus ergeben könnte. Das war aber schon wieder falsch, denn ich definierte mich nicht ausdrücklich über dieses Teil! So blieb mir der Zugang zu den dadurch direkt vorgezeichneten Wegen weitestgehend verschlossen.

Als man mir dann auch noch plötzlich sagte, daß ich eine Schulpflicht und etwas nicht von mir Ausgesuchtes zu lernen hätte, geriet ich in einen Zustand, der weit über das bloße Staunen hinausging, ich geriet nämlich in Panik! Wollte man mich schon wieder nicht respektieren?

Inzwischen war, zu allem Überfluss, ein weiteres Phänomen an mich herangetreten: der „Glaube“. Man hatte mir beigebacht zu beten. Aus eigenem Antrieb hätte ich es nicht getan! Ich hätte nur weiter gestaunt. Ich erinnere mich noch wie an heute daran, daß ich dabei aber nicht irgendjemand anhimmeln, nein, anbeten durfte, sondern eine ganz bestimmte, wieder nicht von mir selbst ausgesuchte Gestalt.

Das fand ich reichlich respektlos mir gegenüber! Und deshalb fing ich mit zunächst noch reichlich kindlichen Recherchen an. Was hatte es mit diesem Glauben auf sich? Anscheinend fasste man ihn als Leitfaden für das eigene Dasein auf. Es hieß, man müsse aufopfernd und genügsam, keusch und barmherzig sein.

In gewisser Weise verstand ich das sogar ein bisschen. Was ich nicht verstand war, daß es offenbar Leute gab, die total darin aufgingen. Für sie war es eine Form der Leidenschaft, die aber „Passion“ genannt wurde.

Dann gab es Leute, die den Glauben, Wort für Wort, als gültiges Regelwerk ansahen, nicht nur als Leitfaden. Allerdings mehr im praktischen Bereich und nicht so verzückt wie die Leidenschaftlichen. Ich bewunderte gewissermaßen alle Auffassungen, konnte aber keine davon ehrlich teilen.

Schließlich entdeckte ich in diesem ganzen Gewirr geschickter und ungeschickter Lügen und Vorwände auch „Könner“, die den Glauben für sich nutzten. Sie glaubten so viel sie mussten und holten für sich heraus, so viel sie konnten. Diese Leute hielt ich für falsch, denn ich, für meinen Teil, hätte lieber überall wohin ich kam, klare Fronten gehabt – ein Leben in Harmonie und gegenseitigem Verstehen. Manchmal lache ich noch herzlich darüber…

©Alf Glocker

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Kommentare

07. Mai 2015

Manchmal ja doch Glauben passt!
(Ich glaub', Dein Text ist gut verfasst...)

LG Axel