Er liegt im Dunkeln, im Nichts. Er kann sich nicht bewegen, lediglich sein Verstand wabert unstet. Zeit gibt es längst nicht mehr und einen Sinn sowieso nicht.
Es schmerzt kaum. Irgendwann hat es geschmerzt, aber er kann sich nicht mehr daran erinnern. Oder ist das noch nicht lange her oder würde das vielleicht noch sein? Zumindest vom großen Schmerz bleibt er verschont und er glaubt auch nicht, dass der Schmerz so bald wiederkehren würde, wenn er nicht längst schon da gewesen war.
Der kleine Schmerz hingegen klopft manchmal an, wie ein Echo in weit entfernten Bergen. Manchmal ist er sich nicht einmal sicher, ob das, was dort zu ihm drängt, Schmerzen sind oder wirklich Stimmen. Er versteht nie was zu ihm gesagt wird, höchstens den ungefähren Klang und oft vergisst er es sofort wieder.
Manchmal versucht er einen Gedanken zu fassen, aber das brüchige Konstrukt aus Fragmenten überlebt selten einen längeren Zeitraum.
Er liegt da, aber wartet nicht. Keine Zeit, kein Sinn, nur Fetzen, ob von sich selbst oder dem unbeschreiblichen Draußen kann er nicht sagen. Und alles ist in Ordnung.
Plötzlich eine Bewegung. Das Nichts wird erschüttert. Das Draußen wird lauter. Stimmen, Schmerz.
Als würde jemand um seine Aufmerksamkeit buhlen und ihn einladen. Ein kleiner Spalt tut sich im Nichts auf. Etwas entfernt. Er muss nur aufstehen. In der Endlosigkeit ist dies nie möglich gewesen oder er hat es einfach nie versucht. Unbeholfen dreht er sich, versucht sicheren Halt zu finden, doch der unsichtbare Untergrund ist genauso brüchig wie seine Gedanken. Er muss sich konzentrieren. Stimmen, Schmerz. Er wird eingeladen. Er soll losgehen.
Er steht auf und geht zum Spalt.
Als Jonas aus dem Koma erwachte, war es für viele ein Wunder. Ein Medikament war auf den Markt gekommen, welches bei langjährigen Komapatienten in einigen Fällen zum Aufwachen führte. So auch bei Jonas.
Bei einem Unfall auf seiner Arbeit war er schwer verletzt worden und ins Koma gefallen.
Die wenigen Freunde zu denen er wieder Kontakt aufbauen konnte, fragten ihn wie für ihn die Zeit gewesen war, als er im Koma gelegen hatte. Was er gefühlt oder gedacht hatte.
Er sagte in der Regel, dass er sich an nichts erinnern könnte.
Das stimmte nicht ganz.
Zwar wusste er wirklich nichts konkretes über seine Zeit im Koma, aber er erzählte nie von dem Gefühl, dass er gehabt hatte, als er aufgewacht war und welches ihn jeden Tag begleitete.
Das Gefühl einer Einladung gefolgt zu sein, die man besser ausgeschlagen hätte.