Anner Griem
zur Person
Anner Griem
Lebt im Piemont und in Hessen.
Wenn ein Lebensmotto, dann dieses:
Ewige Wachsamkeit ist der Preis
der Freiheit (frei nach Robert Kempner)
anner.griem@gmail.com
Anner Griems Gedichte zeichnen sich durch äußerste Knappheit aus. Sie erschließen sich nicht immer leicht, verweigern sich bloß flüchtigem Drüberlesen. Damit zwingt der Autor zum genaueren Hinsehen und evoziert so einen tieferen, intensiveren Widerhall. Man staunt über seine unglaubliche Treffsicherheit. Nur wenige Worte, Zeilen sind es, die eine Stimmung, ein Leben, ein Universum und ganze Zeitläufe auszudrücken vermögen. Skizzenhaft, in einzelnen Strichen, aber äußerst exakt abgewogen und gesetzt zeichnen die Worte Anner Griems um so dichtere Bilder.
Bilder, die dem Leser nahe rücken, unter die Haut und ans Herz gehen. Betroffenheit erzeugen. Betroffenheit über die Vergangenheit und ihre erstaunlichen immer wiederkehrenden Parallelen in die Gegenwart. Über das Schicksal und Handeln eines einzelnen Menschen. Über ein Ich. Über ein Mich.
Mit einem Male steht man mitten in den Worten und Bildern. Die Distanz zwischen Text und Leser hebt sich auf. Der Raum zwischen den Gedichten wird von den Gefühlen und Empfindungen des Lesers belebt und ausgefüllt. Der Leser nimmt einen anderen Blickwinkel als den eigenen ein. Einen ebenso fiktiven – da aus der Poesie entsprungen – wie realen – da sich die Poesie hier der Realität ablauscht. Er fühlt ein anderes Leben, ein anderes Leid. Empathie, die so wichtige Fähigkeit des Menschen, sich in ein Gegenüber hineinzudenken, zu –fühlen, ein Anderes mitzuerleben, locken die Gedichte im Leser hervor.
Die Schrecken der Kriege ziehen durchs (Acker)Land. Der Leser nimmt teil an Gefühlen, die er aus dem eigenen Leben am liebsten ausklammern würde. Immer wieder zurückkehrend zu einem der Grundmotive des Gedichtbandes. Unbequem fühlt sich das an. Insistierende Aufarbeitung, wo jahrzehntelang weggesehen wurde. Und wo gerade deshalb das Gleiche im unseligen Kreislauf immer wiederkehrt, wo die Last immer größer wird. Nicht nur der Gefühle bedarf es, sondern auch des wachen Blicks, des Bewusstseins, der Aufarbeitung. Anner Griem hat zur Vorbereitung des Gedichtbandes in dieser Hinsicht erhebliche Arbeit geleistet, die der Leser nachvollziehen, weiterdenken, individualisieren kann.
Wo der Leser seinen Standpunkt wieder neu bestimmt, ist einer unantastbar: der Anner Griems. Seine Aussagen sind engagiert, unbestechlich, unvermittelt, deutlich Partei ergreifend und anprangernd, wo er Unrecht sieht. Keinen Millimeter, so hat man den Eindruck, würde er weichen, würde er aufgeben, was er als richtig erkannt hat.
Die „Tragödie des Daseins“? - aber mit Möglichkeit zur Katharsis.
Und doch kann er noch mehr: Humor gehört zu seinen Stärken, spitzer Sarkasmus und Parodie, auch eine hervorragende Beobachtungsgabe und Liebe zur Natur. In die Tiefe des alltäglichen Moments zu dringen, an einer kleinen Begebenheit aphoristisch den Silberfaden zur Unendlichkeit zu finden. Die Kraft der Poesie verleiht dem Leben Schimmer, Glanz, Anziehung und Bedeutung. Eine Bereicherung für jeden aufmerksamen Leser.
-Ulrike Sinzinger-