Abgründe

Bild von Anner Griem
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Abgründe

Alles klar, Meister! Die Frage ist nur
Wie kommen wir da rüber?
Eine Merkwürdigkeit des Moments
Dieser Abgrund zwischen den zwei Ebenen
Die brennende Frage ist, nach des
Meisters Befehl, wie diese Kluft
Überwinden? – Obwohl, das Ziel dort
Drüben steht deutlich vor Augen
Ein Intervall des Denkens und
Überlegens hat den Abstand nicht
Verringert. Rhythmische Bewegungen
Erwärmen das Blut, sind aber nur
Symbole, reduzieren nicht den
Abstand zwischen dem realen Hier und
Dem gewünschten Dort. Müdigkeit
Impliziert flatterhaften Augenschein
Salopp ist ein Vers daher gesagt. Mit
Gelassener Nonchalance versucht es
Einer, ein scheuer Blick nach unten
Wir werden ihn später auf der Tafel
Vermerken. Ein anderer spielt die Harfe gar
Meisterlich, alleine, seine Töne sind zu licht
Der Schlund ist damit nicht zu füllen, er wirft
Sie hinunter. „Wenigstens ein Fundament“, sagt
Er zu dem, der sich müht, es objektiv zu
Betrachten. Ganz hinten steht eine, hebt einen
Arm und ruft: „Wir warten auf den Strom der Zeit,
er wird die Kluft füllen.“ Da legen sie sich kollektiv
zur Ruhe, verschließen Augen, Ohren und ihre Münder
Der Meister sitzt am Rande der Tiefe, schaut ins Leere
Und – grübelt

Anner Griem / 2014