Würde Dostojewski erst heute „Der Spieler“ schreiben, was wären die Unterschiede?

25. November 2022
Dostojewski heute

Mehr als 200 Jahre ist es her, dass der große russische Schriftsteller und Poet Fjodor Michailowitsch Dostojewski in Moskau das Licht der Welt erblickte. Die literarische Arbeit, die er hinterließ, ist groß und zählt mit zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur. Einer seiner wichtigsten Romane ist „Der Spieler“, der zum Teil sogar autobiografische Züge trägt.

von Redaktion LiteratPro
Gemeinfrei

Es ist die Geschichte eines Glücksspielers, der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Spielbank eines fiktiven Ortes sein Glück herausforderte und bitter scheiterte. Seither hat sich das Glücksspiel jedoch enorm verändert. Nicht nur die Spiele haben sich weiterentwickelt, sondern auch die Rahmenbedingungen dafür. Das Angebot unterliegt strengeren Regularien als damals und ist heutzutage nicht nur in stationären Spielbanken und Spielhallen zu finden, sondern auch im Internet. Legale, in Deutschland zugelassene Online Casinos verfügen mittlerweile über ein enormes Portfolio an spannenden Automatenspielen und attraktiven Jackpots. Das Online Angebot wird von Jahr zu Jahr größer und vielfältiger. Nicht nur die Anzahl der Spiele und deren Gewinnwahrscheinlichkeit wächst, auch die Benutzerfreundlichkeit steigt rapide an. Wenn Dostojewski in unserer Zeit leben und heutzutage einen Roman über einen Spieler verfassen würde, wäre die Ausgangssituation eine ganz andere als damals, vor gut 150 Jahren. Allein die Bedingungen für das Glücksspiel haben sich derart verändert, dass die Geschichte ein wenig umgeschrieben werden müsste.  

Worum geht es in „Der Spieler“

Der Inhalt in wenigen Sätzen zusammengefasst:

Aleksej Iwanowitsch arbeitet als Hauslehrer bei einem russischen General und seiner Familie, die an einem fiktiven Ort in einem eleganten Hotel residieren. Er ist unsterblich in Paulina, die Tochter des Hauses verliebt, doch sie straft ihn nur mit Verachtung. Die Familie ist zwar pleite, lebt aber dennoch auf großem Fuß, da der General zeitnah eine große Erbschaft erwartet. Doch statt der erwarteten Todesnachricht, erscheint die Erbtante plötzlich selbst auf der Bildfläche. Resolut erklärt sie, dass der General kein Geld von ihr erhalten wird und macht sich auf den Weg ins nahe gelegene Casino. Dort verspielt sie ein Vermögen und fährt anschließend zurück nach Moskau. Paulina gesteht daraufhin Aleksej ihre Liebe. Der Hauslehrer macht sich direkt auf den Weg ins Casino, um Geld für die Schulden der Generalsfamilie zu beschaffen. Nachdem er überraschend 100.000 Floris gewinnt, nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Er verfällt der Spielsucht und treibt Paulina in die Arme eines Engländers. Aleksej zieht zu einer befreundeten Französin nach Paris, die ihn wie einen Schoßhund behandelt und innerhalb kurzer Zeit seine kompletten Gewinne verjubelt. Verarmt verlässt der Hauslehrer Paris und schlägt sich als Gelegenheitsarbeiter in Baden-Baden und Bad Homburg durch, wo er seine gesamten Verdienste in den dortigen Spielbanken ausgibt. Auch die Nachricht, dass Paulina ihn noch immer liebt, reißt ihn nicht mehr von seiner Spielsucht los.

Nach dieser Romanvorlage wurden zahlreiche Spielfilme gedreht. Darüber hinaus diente sie Sergeij Prokofjew als Vorlage für seine gleichnamige Oper.

„Der Spieler“ als moderner Roman von heute

Im Wesentlichen dreht sich in Dostojewskis Roman „Der Spieler“ alles ebenso grotesk wie tragisch um Spielsucht und um unerfüllte Liebe. Beide Phänomene gibt es seit tausenden von Jahren und sie sind auch heute noch existent. Unerfüllte Liebe ist als Thema nach wie vor unerschöpflich und auch die Gefahr der Spielsucht ist nach wie vor nicht gebannt. Das Glücksspiel unterliegt heute jedoch sehr strengen Gesetzen und Regularien, die versuchen, dieses Risiko in den Griff zu bekommen. Würde Dostojewski in unserer Zeit leben und schreiben, könnte die eigentliche Geschichte so bleiben, wie sie ist, lediglich die äußeren Umstände müssten an ein modernes Zeitalter angepasst werden. Außerdem würde es ein neuzeitlicher Aleksej vermutlich vorziehen, lieber ab und zu bequem von zu Hause aus in Online Casinos zocken, anstatt quer durch Europa von Spielbank zu Spielbank zu reisen. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Protagonist, anstatt zu arbeiten und verschiedene Casinos zu drehen, ihn vielleicht isoliert zu Hause oder immer mit dem Smartphone in der Hand gefunden hätte, um spielen zu können. Oder seine Spielsucht wäre dank der strengen Verbote der heutigen Tage geheilt worden, mit festen Öffnungszeiten von physischen Casinos und Geldlimits, die in Online-Casinos gespielt werden müssen, um diese Art von Situation zu vermeiden. Wer weiß, vielleicht hätte am Ende die Liebe gesiegt, aber wir werden es nie erfahren.