Der Winter, den ich mit unschuldigen Augen blickte,
legte sich, wie ein Gletscher, auf die zarten Saiten meiner jungen Seele.
Ich schlitterte, schon steif vor Kälte,
vollkommen ohne Halt, in die Gefilde einer Welt,
die nur in Schwarztönen zu leuchten schien.
Die Liebe mied mich, und so ganz alleine,
da konnt' ich sie nicht finden;
ich blieb, trotz sehnsuchtsvollem Warten,
ein Kind der furchterfüllten Einsamkeit.
So starb ich, da war ich gerade zehn.
Die lila Wahrheiten, die mir das Leben schonungslos in meine zarte Kinderhaut gravierte,
erregten niemands Aufsehn oder Mitgefühl;
So blieb ich leblos, schutzlos, ewiglich festgefroren,
für eine unvorstellbar lange Zeit.
Erwachsen, brach ich - erst schüchtern - fragend,
dann wissen wollend, aus dieser Welt des endlos langen Winters,
und nahm das eingefrorne Kind zart an die Hand;
Ich schenkte ihm die Liebe -
die ich gefunden in sehr weisen Büchern-
die ihm schon immer hätte zugestand'.
Nun schreiten wir gemeinsam - Liebe Voll -
durch eine warme buntgeschmolzne Welt;
der Gletscher blieb als Mahnmal stehn;
denn das Vergessen oder Leugnen würden
Winters Geist beschwören,
und das darf niemals mehr,
nie wieder darf's geschehn.
Ich zürne nicht - Nein- Jeder jener kalten Hiebe,
nahm seinen Anfang - lange schon - vor meiner Zeit,
in einer auch so armen Kinderseele, die eisig blieb,
weil sie sich nicht mehr fand.
Über das Durchbrechen (m)eines Teufeskreises, der (durch mich) sein Ende fand.
Kommentare
Kann man den Kreis derart durchbrechen -
Dann kann man stark darüber sprechen!
LG Axel
Liebe Ella, ein ergreifendes Gedicht, man leidet mit und atmet dann auf über die Heilung: das innere Kind wurde entdeckt, bei der Hand genommen und geheilt. Mein Hausarzt (sehr der Naturheilkunde zugewandt und einer der wenigen, die sich sehr viel Zeit für seine Patienten nehmen und sie ganzheitlich betrachten) sagte mal ,als ich ihn lobte und mich bedankte: "Im Nachhinein bin ich dankbar über all die Verletzungen, die ich einst erlebte, denn sie machten mich Stück für Stück zu dem Menschen, den Sie heute in mir sehen."
Liebe Ella, zu sagen "Ich zürne nicht" ist sehr sehr weise.
Liebe Grüße
Anouk
Vielen Dank, liebe Anouk.
Tatsächlich halfen mir viele weise Bücher zu verstehen, zu vergeben und meinen Frieden mit dieser Zeit zu machen. Zu zürnen hieße (in jener Zeit) verhaftet zu bleiben, wo doch diese Welt auch so viel Schönes, Liebevolles und Gutes zu bieten hat, auf das zu verzichten, bestimmt sehr traurig wäre.
Ganz liebe Grüße,
Ella
Die schwarze Pädagogik, heut,
ist immer noch mit vielen Freund,
weil sie vergessen haben wie es war,
oder verleugnen, dass es wahr,
so bleibt der Teufelskreis bestehn,
und wird schonungslos weitergehn,
und Seelen brechen, manche für immer,
ich weiß nicht ob's was gibt das schlimmer.
Vielen Dank, lieber Axel.
Leider ist dieses Thema immer noch aktuell.
Untersuchungen ergaben, dass die schwarze Pädagogik, hinter verschlossenen Türen versteht sich, mehr praktiziert wird, als ursprünglich angenommen.
Das Erfahrene Leid wird, unter dem Deckmantel der Erziehung, weitergegeben. Ein tragischer Umstand, der nur sehr schwer zu durchbrechen ist. Wie traurig.
Lieben Gruß,
Ella
Dein Gedicht berührt mich sehr, liebe Ella, ich sehe Parallelen zu meinem Werde-Gang. Und ich stimme überein mit Anouk, dass auch die schlechten Erfahrungen die eigene Persönlichkeitsentwicklung - letztlich fördern und stärken, wenn man es zulässt, sie zu betrachten und anzunehmen.
Liebe Grüße zu Dir - Marie
Die Zeit, in der meine Eltern großgeworden sind, war geprägt von der autoritären Erziehung, die eigentlich nichts anderes war, als schwarze Pädagogik pur.
Um diese hinter sich lassen zu können, muss man sich ihr stellen, hinterfragen, reflektieren, aufarbeiten. Das ist anstrengend und kostet viel Kraft, weil der Schmerz wieder spürbar wird. Natürlich haben meine Eltern das nicht getan, es war ja auch nicht üblich damals. Also übernahmen sie, wie im Teufelskreis üblich, die Erziehungsmethoden ihrer Eltern.
Als ich selbst Kinder bekam und meine Mutter sah, wie angstfrei, ungezwungen, respektiert fröhlich und liebevoll diese aufgewachsen sagte sie: "Gottseidank ist es heute nicht mehr wie früher. Wenn ich nochmal die Möglichkeit hätte, würde ich es anders machen."
Sie tat mir so leid in dem Moment, weil ich wusste, dass sie ihren und unseren Schmerz erkannt hatte und ich konnte ihr vergeben.
Wie ich aus einem unlängst gesehenen Bericht erfuhr, ist die schwarze Pädagogik leider nicht Geschichte, sondern immer noch, auch hier in Deutschland, mehr als erwartet, gängige Praxis. Das ist nicht gut. Viele Kinder können es nicht verwinden, die Folgen sind inzwischen gut bekannt.
Liebe Marie, vielen Dank für Deine Offenheit und Deine Gedanken zu diesem Thema. Ich habe mich sehr darüber gefreut :)
Herzliche Grüße,
Ella
Liebe Ella, man kann als Kind tatsächlich durch die Hölle gehen, ohne zu verbrennen. Aber das ist ein steiniger Weg. Er hilft ein wenig, später im Leben mit Enttäuschungen fertig zu werden. Trotzdem: Man sollte Kindern zu viel Leid ersparen und ihnen nicht zu viel zumuten. Ich bin froh, dass Du dem Teufelskreis entkommen konntest. Das ist ein sehr gutes Gedicht, zu dem es viel Mut und Erkenntnis braucht.
Liebe Grüße,
Annelie
Da gebe ich Dir recht, liebe Annelie.
Zu viel Leid sollte es nicht sein, die Gefahr zu ist groß, dass man vollkommen aus dem Gleichgewicht gerät, beziehungsweise dieses niemals findet.
Vielen Dank für das Kompliment und für Deine Gedanken zu diesem Thema, liebe Annelie.
Habe mich sehr darüber gefreut :)
Herzliche Grüße,
Ella
Arme, kleine Ella (für das Vergangene).
Deine Herzenskraft hat das Versagen anderer weggetragen, soweit das überhaupt möglich ist.
Reiche, große Ella (für das Gegenwärtige).
LG Uwe
Oh, vielen Dank für Dein Verständnis, lieber Uwe.
Als "Versagen" würde ich es nicht bezeichnen. Mein Eltern waren, als sie noch Kinder waren, selbst Opfer dieser unmenschlichen Erziehungsmethoden. Da sie sich später nicht damit auseinandergesetzt haben, wussten sie es nicht besser und wiederholten die festgefahrenen Muster.
Es ist tatsächlich möglich das Erlebte hinter sich zu lassen, frei zu werden, wenn man bereit ist, die dunklen Seen der Kindheit, zu durchschwimmen. Das ist nicht einfach und kostest ungeheuerlich viel Kraft, aber der Weg lohnt sich. Mir haben die Bücher von Alice Miller sehr geholfen zB "Am Anfang war Erziehung" oder "Das Drama des begabten Kindes" (hat nichts mit Hochbegbung zu tun) oder "Du sollst nicht merken" und, und, und...
Da ich nichts Wertvolles hatte, auf das ich als Mama hätte zurückgreifen können belegte ich Kurse und las Bücher wie: " Die Familienkonferenz" von Thomas Gorden
oder "Mit den Augen eines Kindes", usw, lernte das aktive Zuhören; Konflikte fair bewältigen, ohne dass es Verlierer gibt, lernte die Empathie sehr zu schätzen (eigentlich ist sie der Schlüssel) usw. Gewaltfrei erziehen, das war mein Ziel. Keine Körperlichen und seelichen Misshandlungen anwenden.
Heute, wenn ich meine Kinder, die inzwischen beide erwachsen sind, betrachte, kann ich, zu meiner unendlichen Freude, beobachten, dass sie all das, was ich mir damals mühsam beibringen musste, selbstverständlich und unbewusst anwenden.
Du kannst Dir nicht vorstellen, wie unendlich glücklich mich das macht. Der Teufelskreis ist durchbrochen und ich genieße die gute Beziehung die wir haben.
Es ist vollbracht, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen :))
Oh jeh, ich schreibe sonst nie so lange Kommentare, irgendwie ist es diesmal mit mir durchgegangen.
Vielen Dank für Deinen einfühlsamen Kommentar, liebe Uwe. Ich freue mich sehr darüber :)
Herzliche Grüße,
Ella
Falls es Euch interessiert, warum Adolf Hitler so "böse" geworden ist und warum er getan hat was er tat, kann ich das Buch von Alice Miller " Am Anfang war Erziehung", wärmstens empfehlen. Unter anderem, gibt es ein Kapitel, das nennt sich:"Die Kindheit Adolf Hitlers - vom verborgenen zum manifesten Grauen"
Keine leichte Kost; sie wagt einen Erklärungsversuch, der für mich sehr plausibel klingt.
Alles Liebe,
Eure Ella
Liebe Ella, ich war nach dem Lesen deines Gedichtes, betrübt und sehr nachdenklich, spürte das Unrecht und die Gewalt, die Angst. Ich kannte „schwarze Pädagogik“ nicht, musste mich erst schlaumachen. Ich bin zwar nicht Prügel frei aufgewachsen, in Frankreich würde man sagen, das Kind hat es gesucht, aber doch nicht folgenschwer.
Du hast recht, dass viel Eltern die Erziehung weiterführen, die sie am eigen Leib erfuhren, sie kennen oft nur die, aber, es gibt auch die anderen, die sie nicht übernehmen und ihren Kindern keinerlei Gewalt antun, egal, in welcher Form. Hier bei uns in Frankreich ist die körperlich Züchtigung, wie es heißt, nicht mal gesetzlich verboten, man meint, man wäre noch im tiefsten Mittelalter. Manches schreit wahrhaftig zum Himmel. Ich bin beeindruckt, liebe Ella, ich denke dabei auch an Marie, das du/ihr verarbeiten und davon Abstand davon nehmen konntet. Das tut gut zu wissen und all mein Respekt an euch …
Viele liebe Grüße zu dir
Soléa
Manchmal, wenn das Thema Erziehung zur Sprache kommt, höre ich oft den Satz : Na ja, der Klaps hat mir nicht geschadet.
Leider wird hier der Mechanismus des Leugnens sichtbar.
Denn der Klaps ist immer eine Demütigung für das Kind und verletzt es, in seiner Würde.
Stelle Dir einfach mal vor, plötzlich wären Riesen auf dieser Welt, die uns, wann immer sie es für richtig halten, schlagen würden. Schlimme Vorstellung.
Die Kinder schämen sich und wachsen im Glauben auf, sie seinen nicht gut, so wie sind und sie hätten die Strafe verdient, weil sie schlecht sind. Mangelndes Selbstbewusstsein und mangelndes Selbstvertrauen können die Folge sein.
Das Kind zu schlagen heißt, seine Macht als Erwachsener zu missbrauchen. Der Erwachsene ist dabei immer auf der sicheren Seite, denn das Kind hat keine Chance sich zu wehren.
Das Kind bekommt Angst vor den Menschen, die es eigentlich beschützen sollten, was zur Folge hat, dass eine vertrauensvolle Eltern-Kind Beziehung nicht mehr möglich ist. Oft bleibt die Beziehung ein Leben lang gestört.
In Deutschland ist die Züchtigung seit ein paar Jahren verboten, das heißt, leider, jedoch nicht, dass sich da auch jeder dran hält. Da liegt noch ein weiter Weg vor uns.
Liebe Soléa, vielen Dank für Deine Offenheit und die umfangreichen Gedanken zu diesem, oft verschwiegen, Thema. Freue mich sehr darüber :)
Herzliche Grüße zu Dir,
Ella
"Eure Kinder sind nicht eure Kinder!
Sie sind die Söhne und Töchter
der Sehnsucht des Lebens nach Erfüllung.
Khalil Gibran"
Warum sind sich Eltern dessen leider so wenig bewußt?
Deine Verse rütteln auf und helfen da weiter .... zu einem guten Weg!
DANKE für das Gedicht,
alles Liebe auf Deinem Weg, Michael
ps: 'Wnters Geist' sollte wahrscheinlich lauten: 'Winters Geist'
Das wunderbares Zitat von Khalil Gibran ist aus dem Buch "Der Prophet". Ich liebe dieses Buch sehr und nehme es immer wieder zur Hand. Es war eines der ersten Bücher, die mich inspirierten, mich mit den tiefgründigeren Fragen des Lebens auseinanderzusetzen
Vielen Dank für den tollen Kommentar, lieber Michael. Ich freue mich sehr darüber. :)
(Und das verschollene kleine i ist auch wieder da. Ich danke für den Hinweis)
Herzliche Grüße
Ella