Ach Mariechen, süßes Mariechen mein,
Ach könntest Du doch mein eigen sein!
Wohl sind wir beide bettelarm,
Doch arm zu arm, das hält sich warm.
Werde mein Weib, dass ich ein Herz
Doch hab‘ für all‘ mein Glück und Schmerz,
Sag‘ ja, und ich bin überreich,
Kein König kommt an Glück mir gleich. –
Es braust die Orgel, es läutet die Glock‘,
Der Bräutigam geht im geborgten Rock,
Er hat keine eig’nen Stiefel an,
Der junge, schmucke, leichtsinnige Mann.
Und an seinem Arm im goldigen Haar,
Mit Augen hell wie die Sonn‘ so klar,
Da hängt Mariechen, die schönste Dirn,
Welch Glück strahlt von ihrer schneeweißen Stirn.
Was fragen sie beide nach Acker und Pflug,
Sie haben sich nun, und das ist genug.
Fünf Jahr‘ sind dahin, vier Kinderchen klein
Gebracht hat die Störchin Langebein;
Die Mutter sitzt spät in der Nacht und schafft,
Dem Manne erlahmt oft die Arbeitskraft;
Denn wie sie sich quälen, beim besten Willen
Der Mann wird verdrießlich, geht öfters aus,
Die Kinder weinen nach Brot zu Haus;
Mariechen näht auch für fremde Leut,
Die alte Hex‘ Sorg‘ sitzt an ihrer Seit‘.
Sie schaut mit giftigen Augen umher,
Ob nicht was entzwei zu reißen wär;
Da kommt der Mann mit tollem Gebraus
Taumelnd um eins des Nachts nach Haus.
Ihn ärgert nun schon die Spinn‘ an der Wand,
Er hebt nach dem fleiß’gen Mariechen die Hand –
Der Schlag traf gut, nun noch ein Hieb –
Ade, Du Glück, gebaut auf Lieb. –
Die alte Hex‘ Sorg‘ in die Faust sich lacht,
Und schleicht sich weiter durch Nebel und Nacht. –
Was wimmert so schmerzlich im Sternenschein?
Ach Mariechen, süßes Mariechen mein! –
Das süße Mariechen
von Johanna Ambrosius
Gedichtform:
Noch mehr von der Persönlichkeit → Johanna Ambrosius