Sein Gefieder glänzte im Mondlicht wie ein Klumpen Silber.
Als ich sicher war, dass er schlief, schlich ich ans Ufer
und heftete meine Seele unter seinen linken Flügel.
Ich versteckte mich im Schilf und wartete auf den Morgen.
Endlich hob er den Kopf, lüpfte die Flanken, putzte sein Gefieder
und glitt ins heilige Wasser. Ich ließ ihn nicht mehr aus den Augen.
Vom hohen Gras verborgen, lief ich über den Wiesen neben ihm her.
Er reckte den schlanken Hals empor und segelte mit stolzer Anmut
über das Spiegelbild der aufgehenden Sonne:
Eine friedliche weiße Galeere.
Am Großen Priel wäre ich fast über ihn gestolpert, gestern,
so gegen Mittag. Er hatte den roten Schnabel im Gefieder
versenkt: ein schiffbrüchiger Schwan neben einem toten Fisch.
Die großen und kleinen Gräser ringsum zitterten vor Ehrfurcht;
mein Wiesenschaumkraut neigte vornehm die weißbunten Köpfe.
Über Deich und Elbe hing tiefe Melancholie, das Quaken der
Frösche verstummte und mein Haar fiel über beide Augen:
ein schwarzbrauner Trauerflor.
...
Mein Schwan ließ Kopf und Hals tief in die Elbe sinken;
ich wusste es längst: Meine Seele, kummerblind, wollte ins Wasser.
Ich sah meinen Schwan die Richtung ändern; er drehte ab
und nahm Kurs auf die Mole. Die oberen Federn seines
Gefieders hoben und senkten sich leicht wie Hände
beim Abschiedswinken. - Ich sah ihn nie wieder.
Dem Gedächtnis folgend, ging ich über das plattgetretene Gras
nach Hause – betäubt und glücklich wie eine Soldatin nach
einem großen Krieg.
Schiffbrüchig fühle ich mich seither ohne Herz und Seele,
aber neugeboren und stark wie der tote Fisch.