Literaturreisen – auf den Fährten deutschsprachiger Dichter
Deutschland ist das Land der Dichter und Denker – da bietet es sich an, aus der nächsten Städtereise mehr als nur eine Shoppingtour zu machen. Einen Mangel an literarischen Reisezielen gibt es in einem Land, das Schriftsteller wie Goethe, Schiller oder die Gebrüder Grimm hervorgebracht hat, nicht. Von Norden bis Süden kann man auf den Spuren deutscher Schriftsteller wandeln, und bei so einer großen Auswahl von Urlaubsregionen sollte für jeden etwas dabei sein.
Johann Wolfgang von Goethe – Weimar
Wenn nach deutschen Schriftstellern gefragt wird, denkt man als Erstes an ihn. Der im Jahre 1749 geborene Autor gilt als Dichterfürst schlechthin und verbrachte einen Großteil seines Lebens in Weimar. Nach dieser zentral gelegenen Stadt wurde die humanistisch-kulturelle Bewegung der Weimarer Klassik benannt, zu der er mit Werken wie Iphigenie auf Tauris, Reineke Fuchs oder Faust beitrug. Goethe wurde nach seinem Tode 1832 in der Weimarer Fürstengruft beigesetzt.
Heute kann man in seinem Wohnhaus, das noch die Originaleinrichtung aus Goethes Zeiten enthält, auf seinen Spuren wandeln. Sein Gartenhaus, in dem er die Ballade vom Erlkönig schrieb, liegt mitten im Park an der Ilm. Der Rest Weimars ist ebenso sehenswert und beim Flanieren durch die pittoreske Innenstadt kann man gut einen Abstecher zum bekannten Goethe-Schiller-Denkmal, oder zum Haus seines dort mit ihm verewigten Freundes und Dichterkollegen Friedrich Schiller einplanen.
Wilhelm Busch – Hannover und Schaumburger Land
Die Technische Hochschule zu Hannover verließ Wilhelm Busch zwar im Jahre 1851, um sich an der Kunstakademie in Düsseldorf einzuschreiben, das nach ihm benannte Museum für Karikatur und Zeichenkunst befindet sich jedoch in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Als Ausgangspunkt für eine Erkundung des angrenzenden Schaumburger Landes, wo der Dichter einen Großteil seiner Jugend verbrachte, ist die Messestadt ideal geeignet.
Weniger als eine Stunde Autofahrt von hier entfernt ist der kleine Ort Wiedensahl, in dem der Künstler und Dichter geboren wurde. Bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr kehrte er immer wieder zu seinem Elternhaus zurück, um dort die ruhige Landschaft zu genießen. In seinem Geburtshaus kann man heute eine Ausstellung der Wohnräume seiner Kindheit und einige persönliche Gegenstände bewundern. Südlich von Hannover befindet sich die Wilhelm-Busch-Mühle in Ebergötzen, die ihm bei Max und Moritz als Vorbild diente. Hier kann das Werk Wilhelm Buschs in einem historischen Umfeld erlebt werden.
Tipp: Viele der hier aufgeführten Autoren haben ihre Reisen aufgezeichnet, darüber geschrieben und werden bis heute zitiert. Sprüche für Reisende von diesen Autoren dienen heute gern als Untermalung von Fotos auf Instagram, Facebook und anderen sozialen Netwerken.
Thomas Mann – Lübeck
Buddenbrooks ist der erste erschienene Roman von Thomas Mann, für den er 1929 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Als Spross einer Kaufmannsfamilie diente seine eigene Familiengeschichte als Inspiration der Erzählung, die in seiner Heimatstadt Lübeck spielt. Damals sorgte der Roman für viel Empörung in Lübecker Kreisen, die sich in den Romanfiguren portraitiert sahen. Heute dient er als eine Karte für einen Spaziergang zu den verschiedenen Spielorten der Handlung.
Zu den sehenswerten Stationen des Romans gehören zum Beispiel die Marienkirche, das Rathaus und die Breite Straße. Letztere ist heute eine Fußgängerzone, auf der man gemütlich schlendern kann. In der Mengstraße 4, dem Stammsitz der Familie Mann, befindet sich seit 1993 das Buddenbrookhaus. Dort wird die Lebenswelt der damaligen Lübecker Kaufmannschaft vermittelt. Aufgrund von Renovierungsarbeiten befindet sich diese Dauerausstellung bis voraussichtlich 2023 im Museum Behnhaus.
Erich Kästner – Dresden
Erich Kästner wurde 1899 in Dresden geboren und wuchs dort in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Als Kästner nur 15 Jahre alt war, brach der erste Weltkrieg aus. Selbst sagte er, dass dies das Ende seiner Kindheit war. 1933 wurden seine Werke von der Herrschaft des NS-Regimes als „undeutsch“ diffamiert und verboten. Als einer der wenigen prominenten Gegnern, die trotz allem in Deutschland verblieben, war er als einziger Autor anwesend als seine Bücher verbrannt wurden. Darunter waren bekannte Kinderbuchklassiker wie Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton und Das fliegende Klassenzimmer.
Das interaktive Erich Kästner Museum befindet sich in der Heimatstadt des Schriftstellers in der Villa Augustin. Im Haus seines Onkels Franz Augustin an der Antonstraße 1 war der jugendliche Kästner oft zu Besuch. Viele Orte in der Umgebung tauchen in seiner Erzählung Als ich ein kleiner Junge war auf, mit der er seine Kindheit in Dresden verarbeitet hat. Eine Reise zum Florenz an der Elbe, wie Dresden auch manchmal genannt wird, lässt sich also gut mit einer Entdeckungstour auf den Spuren des jungen Kästners verbinden.
Günter Grass – Düsseldorf
Mit nur 19 Jahren zog Günter Grass 1947 nach Düsseldorf, wo er bis 1953 als Steinmetz arbeitete und an der Kunstakademie studierte. 1959 erschien sein Roman Die Blechtrommel und machte ihn zu einem geachteten Autor der Nachkriegsliteratur. Unter anderem hat er darin seine Zeit am Rhein verarbeitet.
Den sagenumwobenen „Zwiebelkeller“ haben schon viele Menschen gesucht. Als Vorbild diente das ungarische Lokal „Csikós“, in dem Günter Grass als Jazzmusiker wirkte. Seit 2019 werden an diesem Ort im „Los Chicos“ spanische Tapas serviert. Wer nachfühlen will, wie sich der Schriftsteller damals gefühlt haben muss, wandelt abends durch die Düsseldorfer Altstadt. Auch heute gibt es dort ein buntes Nachtleben.
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