Stromausfall

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„Lucia, du musst heute doch noch fliegen. Bob informiert dich. Wann kannst du dort sein?“ Die tiefe Altstimme von Peter klingt sachlich und trocken.

Die elegant gekleidete, über einen Meter achtzig große Pilotin addiert im Kopf die Vorbereitungszeit und die ungefähre Flugzeit. „Ich könnte um neunzehn Uhr dreißig dort landen.“

„Okay, dann los.

Lucia ist schon auf dem Weg aus dem Chef-Büro in der Organisation BlackWater, als Peter ohne Betonung sagt: „Du wirst dort mit Mike arbeiten. Er ist der Einsatzleiter und nennt sich Beta.“

Zum Glück kann der Regionalleiter bei BlackWater, einer international tätigen Organisation für den Einsatz von Spezialagenten das Gesicht von Lucia nicht sehen. Aufgerissenen Augen, offener Mund und die Gesichtsfarbe wird noch weißer als sie immer ist.
Ausgerechnet Mike! Sie stockt für zwei, drei Sekunden und entscheidet sich dann, doch weiter zu gehen. Es soll beiläufig klingen, als Lucia „Nenne mich Gamma bei diesem Einsatz“, Peter zuruft.

In BlackWater, sprechen sich die Agenten während Einsätzen mit griechischen Buchstaben an. Gamma ließ Lucia sich schon lange nicht mehr nennen und wird es nach diesem Einsatz auch für lange Zeit nicht mehr tun.
Die Agentin geht auf die Toilette um sich zu entspannen. Ausgerechnet Mike. Nach der fast drei Monate dauernden intensiven Liaison, in der sie auch entgegen der Vorschrift zusammen im Wellness-Urlaub waren, war die Trennung ein Rosenkrieg. Der hält immer noch an, allerdings jetzt als „kalter Krieg“.

Lucia wurde zur Einzelkämpferin und Hubschrauberpilotin ausgebildet. Vor einem Jahr, im Alter von dreißig Jahren, wechselt sie von einer Sondereinheit der Regierung zur Organisation BlackWater; Schmutzwasser. Lucia, wie alle anderen Agenten auch, sind besonders ausgebildete Spezialagenten. Nicht nur der gemeinsame Urlaub, sondern alle engen persönlichen Beziehungen untereinander sind bei BlackWater unerwünscht.

Zur selben Zeit betritt in dreihundertundzwanzig Kilometern Entfernung der Agent Mike ein Hotel. In seinem modernen schwarzen Anzug, das helle Hemd fast bis zur Brust geöffnet, elegante Manschettenknöpfe und eine teuer aussehende Uhr sieht er wie ein erfolgreicher Jungunternehmer aus. Der schwarze Reisekoffer und sein Pilotenkoffer unterstrichen dieses Bild.
„Guten Tag.“

„Guten Tag. Herzlich willkommen im Ramadan-Hotel. Haben Sie ein Zimmer reserviert?“

„Nein. Ich bin auf der Durchreise und brauche für heute Nacht eine kleine Suite. Haben sie etwas frei?“

Die Agenten reservieren fast nie eine Hotelunterkunft. Die Entscheidung fällen sie spontan, damit für den Fall, dass die Telefongespräche abgehört werden, niemand ein Zimmer präparieren kann.

Während die Dame am Empfang im Computer die Zimmerbelegungen checkt, sucht Mike´s Blick die Aufzüge, das Treppenhaus und die Notausgänge. An den Postfächern in der Rezeption erkennt er, dass im Haus 164 Zimmer auf sechs Etagen verteilt sind. Eine Hinweistafel zeigt den Weg zum Wellnessbereich im Kellergeschoss und den Weg zu den Speiseräumen im Erdgeschoss.

„Wie wäre es mit der Suite Viktory in der sechsten Etage? Separates Schlafzimmer, großer Esstisch, Bad mit Whirlpool und eine Dachterrasse? Wenn das für Sie in Ordnung ist, dann füllen Sie bitte das Check-In aus.“

„Die nehmen ich. Danke.“

Bis auf seinen Vornamen und die Nummer der Kreditkarte, die nur für kurze Zeit genutzt wird, gibt der Agent falsche Daten an. Jedoch so gut abgestimmt, dass es bei einer ersten Prüfung nicht auffallen würde.

Den Boy der seine Koffer tragen will, weist er ab.

Ein Spiegel im Aufzug veranlasst Mike mit den Fingern der rechten Hand sein schwarzes Haar zu ordnen. Mit dem modernen Haarschnitt und dem 3-Tage-Bart hinterlässt der einen Meter sechsundachtzig lange Agent stets das Flair eines Gentleman. Sein durchtrainierter Körper, seine ruhige Bassstimme und sein eckiges Gesicht mit den männlichen Lippen, machen ihn zum Hingucker für fast jede Frau.

Auf dem Weg vom Aufzug zur Suite suchen seine schwarzen Augen unbewusst die Etage nach dem Notausgang, dem Treppenhaus und den Weg zu der andere Suite auf der Etage ab. Mit der Plastikkarte öffnet er seine Unterkunft. Ihn begrüßt der Duft von frischen Blumen, die auf dem kleinen Tisch im Eingangsbereich stehen. Mike verschafft sich auch hier einen Überblick. Dabei vergisst er nicht, die Terrasse auf mögliche Zugänge und als Fluchtweg zu begutachten. Ihm scheint alles in Ordnung. Den Begrüßungstext auf dem Bildschirm drückt er weg und wählt ein klassisches Musikprogramm an. Ein ihm unbekanntes Klavierstück füllt den Raum.
Der Agent packt seine Garderobe aus dem Rollkoffer in die großen Schränke im Schlafzimmer. Seine Pistole, die Munition, das Messer und die Taschenlampe, die auch an die Pistole montiert werden kann, lässt er im Geheimfach des Koffers.

Aus der Bar holt er sich eine keine Flasche Wasser mit einem Glas und stellt beides auf den Couchtisch. Er würde sich gerne auf die Couch legen und ausspannen, doch dieser Einsatz hat in der folgenden Nacht die alles entscheidende Phase und er muss sicherstellen, dass an den Standorten, an denen der Auftrag ausgeführt wird, alles planmäßig läuft.
Dazu legt er sein Tablett auf den Couchtisch. Für den Fall, dass das Gerät abhanden kommt, sind nur uninteressante Statistiken und Pseudo-Geschäftsbriefe gespeichert. Alle relevanten Daten sind auf einer Cloude hinterlegt. Wie auf dem Tablett sind auch auf dem Smartphone, das er aus seiner Jackentasche zieht, nur Fake-Daten abgelegt.

19.00 Uhr
Das Vibrieren des Telefons auf der dunklen Glasplatte stört ihn, während er sich die Kennwörter zum Erreichen der Cloude ins Gedächtnis ruft.
An der angezeigten Nummer erkennt er, dass der Anrufer Peter ist. „Ja, bitte.“

„Ich bin`s. Du wolltest Unterstützung. Diese Unterstützung bekommst du gegen zwanzig Uhr. Wie ist deine Zimmernummer?“

„Ich bin in der Suite sechshunderteins.“

„Okay. Gamma wird kommen und sich als deine Frau ausgeben und auch in der Suite wohnen.“

„Wenn es sein muss. Ich wollte heute Morgen eine Unterstützung haben, da war es eng. Für was brauche ich jetzt eine Unterstützung? Ich bleibe hier und überwache alles.“

„Sicher ist sicher. Es muss alles gelingen, ohne Patzer.“

„Okay.“

Was soll ich heute Nacht mit irgendeiner Gamma in der Suite. Ich will meinen Einsatz erfolgreich beenden und dann abhauen, geht es Mike durch den Kopf.

Inzwischen hat das Tablett die Verbindung zur Cloude aufgebaut. Es sind keine Stressnachrichten hinterlegt. Mike geht zum Schreibtisch, nimmt die Speisekarte und sucht sich ein Abendmenü aus.
Wenn Gamma gegen zwanzig Uhr kommt wird sie sicher auch Hunger haben. Dann bestelle ich für sie gleich mit, so dass es kurz nach acht gebracht

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