Winter mit Tattoo ...

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Wer möchte auf Dauer leben im Eis der Hoffnungslosigkeit
Unter verharrschten Himmeln …? – Im Aug den sonnenmüden
Schnee, der Schmelz sein will dem harten Winterzahn, und
Lauschen dem gebrechlichen Stöhnen der Winde, sobald sie
Danach trachten sich zu vergraben im schweren Gewebe
Dunkler Mäntel …

Die neuen Wege bleiben die alten … Ein großer saurer Apfel
Ist uns der Winter geworden, gereift ohne die Süße der Liebe.
Wir beißen täglich hinein und schütteln uns. Dem Tod geweiht,
Liegt er längst in den letzten Zügen. Wir sitzen drin, lassen uns
Unter pflaumenblaue Himmel tragen durch Schnee, der nicht
Mehr tanzen will, derweil der Fisch unter der Eisdecke betet.

Wie er davontrottet, der Winter: ein verwundetes Tier,
Unter der Braue ein Tattoo mit Gerda und Kay; in seinem
Geweih flattert die letzte Wehe der Zeit. Sein blutleerer
Schatten lässt unsere Blindheit verdämmern, und wie ein
Zauber überfällt uns Zärtlichkeit beim ersten Hauch des
Frühlingswinds, sobald er über die verwitterten Lenden
Alter Bäume streift.

Gerda und Kay sind die beiden Hauptprotagonisten im Märchen "Die Schneekönigin" von Hans Christian Andersen.

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