Einst pflückten wir das Blut des Sommers
Von den Kirschbäumen an den Chausseen.
Es glänzte wie Ebenholz aus Ceylon und
Schmeckte süß wie eine Liebe ohne Schatten.
Das waren Momente, in denen wir glücklich
Waren, noch am Leben zu sein: An unseren Händen
Klebte das bordeauxrote Blut des Friedens,
Der Saft unserer Erde aus sanften kleinen Bomben.
Unersättlich wie Stare verloren wir uns in den Ästen
Der Bäume, bis an die Zähne bewaffnet mit süßer Sehnsucht.
Wir spuckten die Kerne in die Brennnesseln am Feldrain ...
So löschten wir ihr Feuer zu Ungunsten künftiger Kriege.
Abends beugte sich rasch der Schlaf über uns: Er
Trug den Duft reifer Kirschen und ich träumte von dir:
Du gabst mir zwei Blutperlen an einem Zweiglein;
Ich hängte die Liebenden mir rechts übers Ohr.
Sie schwatzten miteinander und ich lauschte ihrem Dialog:
Unser beider Stimmen. Wir redeten mit Flammenzungen
Und schlugen uns Wunden, die nicht heilen wollen.
So rauschte und rauscht in meinen Ohren noch immerfort
Das Blut unseres letzten Sommers ...
Kommentare
Liebe Annelie, dein Gedicht ist wunderschön und wie toll passt es zur Jahreszeit und meiner derzeitigen Stimmung. Da ist so etwas bitter-süßes...
Es war wieder mal ein Genuss, von dir zu lesen! Du verwöhnst uns!
lG
Anouk
Liebe Anouk, ganz herzlichen Dank für Deinen lieben, lobenden Kommentar und natürlich auch für Dein bezauberndes neues Foto. Ich freue mich doch, dass ich euch verwöhnen darf, wenn es denn so ist.
Liebe Grüße,
Annelie
Liebe Annelie,
ein Gedicht zum Mehrfachlesen; eines in dem ich mich in vielen Zeilen wiederfinde; eines das durch seine sprachliche Zärtlichkeit und Kraft wie ein Lied ist. Ein schönes Lied :)
Liebe GRüße aus der Nähe
Mara
Liebe Mara, ich freue mich seit gestern erst einmal sehr, wieder von Dir zu lesen, dein wunderbares letztes Gedicht hier und nun Deinen lobenden Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe. Lieben Dank dafür. Gerne komponiere ich auch mal ein zärtliches Lied, dessen letzte Note gegen Ende eines Sommers verklang.
Liebe Grüße von Lübeck nach Ratzeburg,
Annelie
Beeindruckend bildhaft verdichtet, liebe Annelie. Neue Sichtweisen zeigen sich; ein Gedicht zum mehrfachen Lesen.LG - Ingeborg
Danke, liebe Ingeborg, für Dein schönes Lob und dafür, dass Du mein Gedicht ganz offenbar mehr als einmal gelesen hast. Dann hat sich das Dichten, heute Morgen gegen 4:30 Uhr, ja wenigstens gelohnt.
Liebe Grüße,
Annelie
Wunderschönes Hochsommergedicht, Annelie, ja, die Süßkirschenzeit hatte etwas sinnliches blutrotes Verbotenes, genau, wie Du es in den besonderen Dir eigenen Worten beschriebst, man bestieg die Kirschbäume in Nachbars Garten und stopfte sich heimlich so viele Früchte wir möglich in die Münder und Taschen, immer zur Flucht bereit …
liebe Grüße - Marie
Liebe Marie, danke für Deinen Kommentar, der mir ganz ausgezeichnet gefallen hat; danke auch fürs liebe Lob. Ich finde es gut, dass auch die Kirschen in Nachbars Garten nicht verschrumpelt sind und bis zur letzten gepflückt wurden. Die Kirschen an den Chauseen nahe einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein gehörten dem Volke jedoch. Die Menschen kamen zuhauf per pedes, con automobile (la maccinas), con bicicietta ... und pflückten, was Körbe und das Zeug (aus)hielten ...
Liebe Grüße,
Annelie
Blutrot wie die Kirsche, die Liebe die Lust –
nur so mancher Ast war nicht robust
und hielt der Leiter und mir nicht mehr Stand,
doch Gottlob hielt mich damals eine starke Hand …
Ich grüße dich, Annelie, und wünsche einen schönen Abend
Soléa
Da kannst Du wirklich von Glück sagen und "der starken Hand" danken,
die Dich gottlob nicht vom Baum fallen ließ. Und ich danke Dir wiederum
für den feinen, hochpoetischen Kommentar, liebe Soléa.
Kirschenblütengrüße sendet Dir in Deine Nacht:
Annelie, die jetzt lesen will ... um ca. zweiundzwanzig Uhr acht.
Die bittere Süße zum Ende des Sommers
in ein Geschichtengedicht gegossen
so eindrücklich wie herrlich überkommt es
beim Lesen und Schwelgen
in deinen bebilderten Versen...
LG Yvonne
Danke, liebe Yvonne, für Deinen exzellenten Kommentar,
der - größer noch als Kirschensegen - ein Genuss
mir heute Morgen war.
LG Annelie
Anne Li,
du bist bist was Besonderes.
(Gemeint ist was besonders Gutes.)
O danke für dieses gutgemeinte Kompliment, lieber Uwe. Die Sache ist nur die: Ich möchte eher (fast) alles andere ... als etwas Besonderes sein. Nichtsdestotrotz habe ich mich über Deinen Kommentar sehr gefreut.
Liebe Grüße,
Annelie
Anneli! Dann müsstest du halt deinen Grips ablegen, deine Sprachgewalt eindämmen, deine Persönlichkeit zähmen, deine Originalität durch Mittelmaß ersetzen, dein liebenswertes Wesen endlich durch Muffligkeit verbessern, deine Phantasie zügeln, dein geistiges Hinterland verkaufen.
Also?
Das alles lese ich aus deinen Gedichten heraus! Und wie du schon auf deinem Selfie kuckst, ich muss jedes Mal grinsen, wenn du auftauchst.
(Ich darf so schreiben, hab 1. eine Liebste und bin 2. 75 Jahre alt.)
Ich werde mich bemühen, lieber Uwe, etwas dösiger durch die Welt zu gehen; dann werde ich sofort ein neues Selfie einstellen, darauf ich streng oder gar nicht gucke; 75 Jahre? Das ist in der Tat eine Leistung, zu der ich Dir herzlich gratuliere.
Liebe Grüße an Dich und Deine Liebste,
Annelie
1. ) Anne Li, hihi! Gut, ich grüße sie, meine Liebste.
2. ) Mein gefühltes Alter ist 25.
3. ) Dein neues Foto ist kein Selfie, es ist hinreißend, wieviel Kerle hast du damit in den Wahnsinn getrieben?
4. ) Und? Hast du es geschafft, wenigstens heute mal etwas dösiger durch die Welt zu gehen? Versagt hast du wieder mal, ich sehe es an deinem neuen Gedicht!
LG Uwe
Lieber Uwe, klar, das war kein Selfie!!! Dieses Foto hat mein Ex-Gatte geschossen. Ich habe keinen Kerl in den Wahnsinn getrieben und auch nie die Absicht dazu gehabt, und eigentlich gehe ich immer dösig durch diese Welt, bevorzugt auf Fahrradwegen ... zu Fuß.
LG Annelie