Sommerworte

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Der Frühling ging von dannen ohne jegliches Bedauern:
Ein Vagabund, geflüchtet aus dem Schoß uralter Mauern
in jenem Ort, dort, wo erblüht waren das Rund der Ecken,
der Tauben zärtliches Gegurr in ihren gängigen Verstecken,
die kahlen Bäume - längst in sommersel'ger Blätterpracht,
die Alten, die Kaffee und Kuchen in die Laube rausgebracht.

Ein Nachtigallenchor ertönte leise und zu aller Leut' Entzücken.
Ich trabte durch die Stadt und überquerte dreizehn Brücken.
Mein lieber Fluss verließ die wachsame, verborg'ne Mutterquelle.
Um fünf Uhr früh schon war der neue Tag zur Stelle.
Die Wolken wanderten am Himmel und durch meinen Fluss,
die warme Sommersonne gab mir einen Guten-Morgen-Kuss.

Am späten Abend blickte ich empor zur Sternengracht:
Unsterblich im Gedächtnis blieb mir jene Sommernacht,
darin wir wachten, du und ich, und träumten - Arm in Arm,
nachdem der Silbermond drei Brüder: Kummer, Schmerz und Gram
aus unserem Leben strich und uns die Angst vorm Sterben nahm.

erstellt am 29.06.2017

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neu, noch nirgends
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