30. Schritt
Mein Verstand ist ein Instrument Gottes!
Gott ist zwar kein Instrument meines Verstandes,
aber er kann sich nicht irren
und deshalb bin ich unfehlbar!
Ich komme von dort her,
wo man nicht herkommt,
wenn man nicht weiß, wer man ist,
nur wer man sein möchte, wenn man soll!
So stolz ist die Versuchung!
So derb ist die Anwendung der Schläue,
die man braucht, ohne Bauer zu sein, der
nichts kennt, was er glaubt fressen zu müssen.
Das ist wundervoll bittersüß
und das wird in kleinen Häppchen verabreicht
und in so großen Mengen genossen,
daß die Welt davon Schlagseite kriegt.
*
31. Schritt
Der Sumpf des Irrtums ist ein feines Biotop,
in dem das Leben gut gedeiht!
Geh hin und nimm ein Mikroskop,
dann wirst du auf einmal gescheit –
denn was du zuerst dort findest,
ist Schmutz, mit dem du dich begründest.
Erklär ihn dir als nötig, schön und gut
und fühl dich wohl, geborgen, angenommen,
liebe, gib dich hin und pflege deine Brut,
halt an dich und den Blick verschwommen,
auf eine flimmernd grelle Zeit gerichtet,
dann hast du deinen Sinn gesichtet!
Das ist die Romantik der niederen Schichten!
Das ist der Glanz von Speck und Mist!
Das lässt sich locker in wilde Haufen schichten,
ohne die unsere heile Erde verloren ist.
Aber das heißt doch: du hast sie nicht alle?
Mach dich zum Virus und dann befalle!
Komm mit den Mücken aus deinem Sumpf!
Tanz‘ in der Sonne ums goldene Kalb!
Sei nicht sensibel, nein, werde stumpf –
lebe im Zwielicht, so halb und halb,
aber vergiss nicht, dich selber zu impfen,
ohne auf Gott und die Welt zu schimpfen!
*
32. Schritt
Uferloses Bemühen
zieht weite Kreise –
groß wie Umlaufbahnen –
durch Zellen, Moleküle,
Atome, Quarks und Strings.
Dabei entblößt sich die Brust
der Medusa geschickt,
allen Spiegeln zum Trotz –
und sie schleudert
Schlangenmilch in die Zeit.
Der Zucker kommt hinterher,
hinter’m Mond,
hinterrücks,
hinter Gründen,
hinterhalb jeglicher Masse.
Denn „Anziehung“
heißt das Zauberwort
der Äonen, Pharaonen,
Kommilitonen – es lohnen
sich also Liebeslieder…
*
33. Schritt
Es ist kein Segenswunsch auf Halde,
es ist kein Papst in dem Serail,
es nur eine Axt im Walde
und ein verlog’nes Seelenheil!
Es ist kein Sag-die-Wahrheit-werden,
es ist kein Lösungsziel in Sicht,
es ist die Sprache der Gebärden,
doch das Dahinter sieht man nicht!
Es ist kein Feuerball zu sehen,
es ist nur alles immer gut,
es ist ein sittliches Begehen
und Gift ist es auch, dort im Blut!
Es ist kein Trost im leeren Hoffen,
es ist ein Bleiben im „Jawohl“,
es ist nur jeder Mensch betroffen,
doch jeder findet alles toll!
Es ist nicht Täuschung und nicht echt,
es ist nur abgekartet, dumm,
es ist verdeckt, doch ein Gefecht
und jeder duldet es, ganz stumm!
©Alf Glocker