Das Igelhaus
Da saß er des
Nachts auf einem
Hohen Hocker, gepolstert
Mit vier Beinen und Querstreben
Von hier oben hatte
Er den Überblick in der
Rauchgeschwängerten
Luft über die Frauen
In Schwarz, tief dekolletiert
Augen wie geschlossene
Visiere, betrunkene Kerle, die
Ihre Sinnlosigkeit in Biergläser
Hauchen, Selbstgesprächler
Im endlosen Gebrabbel
Sich selbst Widersprechend
Kleingeld in den Jackentaschen
Suchend, ohne Geld und Rosè kriegste
Hier keine Frau, wenn überhaupt
Kleine und große Arschgesichter
Mit wichtigtuerischem Gehabe
Die Damen mit Scheinen ködern
Sich wie Hechte fühlen
Auf dem Nachbarhocker eine
Erschöpfte Nixe mit feuchten Lippen
Ihr Lächeln mit Zahnlücken gefüllt
Dazwischen blitzen die wenigen wie
Sonnenlicht in Straßenpfützen
Ihm fiel die Schöne aus Delhi ein
Bei der er sich die Krätze holte
Schlammverkrustete Kolonialzeit
Kein Ende, immer wieder Anfang
Ich muss mich an den Füßen packen
Sagte ihm sein Kopf, er hörte es sich
Laut sagen, immer wieder
Komm Alter, ich gebe einen aus, die
Nixe schob ihm ein gefülltes Glas rüber
Wir lahmen alle, bleib
Sie schob sich eine Zigarette zwischen
Ihre Lippen, lächelte ihn an
Da blieb er, von hier oben
Hatte er den Überblick
Anner Griem / 2012
Das Igelhaus
von Anner Griem
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- Autorin/Autor: Anner Griem
- Gedichte von Anner Griem
- Gedichtform und Thema: Ohne Zuordnung