Gefährlicher Sommer (Teil 24) - Page 2

Bild von Annelie Kelch
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Kreuz in die Luft und blickte dabei aus dem Fenster zum Himmel empor, als würde von dort eine Antwort kommen. Stattdessen begab sich im selben Augenblick eine kleine weiße Wolke auf Wanderschaft.
„Auf jeden Fall ist die Gelegenheit jetzt überaus günstig. Wir können ihm den Brief umgehend zustellen. Wenn das kein Service ist! Kaum geschrieben, schon versandt! Katja, walte deines Amtes!“
„Dieses Mal bist du an der Reihe, Hannes“, sagte ich.
Wir schlichen uns aus der Kammer, und Hannes öffnete nahezu lautlos und extrem langsam Helges Zimmertür. Das Quietschen der Angeln hielt sich erfreulicherweise in Grenzen. Es hörte sich an wie das Fiepen eines winzig kleinen Hundes. Wir lauschten nach unten. Offenbar fand in der Küche eine lebhafte Diskussion statt.
Frau Brandners, Krögers und Helges Stimmen drangen an unsere gespitzten Löffel. Lautlos und behände wie ein Indianer auf der Spur des Feindes, glitt Hannes in Helges Zimmer und deponierte den Brief ganz vorn unter der Bettdecke.
„Spätestens heute Abend, sobald er seine von der Landarbeit ausgepowerten Glieder und sein Verbrechergehirn zur Ruhe betten will, findet er den Brief, Katja. Diese Nacht wird ganz gewiss alles andere als angenehm für ihn werden. Das gönne ich diesem Schuft von ganzem Herzen“, sagte Hannes und grinste schadenfroh.
Wir schlichen uns nach unten und und krochen in die kleine Nische, die hinter einer Kommode und der Wand des winzigen Flurs zwischen Küche und Herrenzimmer lag.

„Das wäre in der Tat eine einigermaßen rentable Lösung, Karla“, hörten wir Hannes' Vater parlieren.
„Durch die Ausrodung des Waldstücks hinter den Maisfel­dern würde kein benachbartes Grundstück Schaden erleiden, und ich bin mir durchaus sicher, dass Kartoffeln dort ganz prächtig gedeihen werden. Darüber hinaus wäre der Verkauf eine nicht unbeträchtliche Einnahmequelle.“
„Der Wald bildet ein bedeutendes Wasserreservoir, wie dir sicherlich bekannt sein dürfte, Verwalter. Die Austrockung durch Ausrodung beeinflusst selbstverständlich die Feuchtigkeits­verhältnisse in der Umgebung“, gab Helge zu bedenken. Seine Stimme klang monoton und eisig.
„Die unmittelbare Umgebung des kleinen Fichtenhains ist wiederum Wald, Helge“, stellte Kröger sachlich fest.
„Und Maisfelder“, warf Helge ein. Seine Stimme hatte einen verächtlichen Tonfall angenommen, was mich richtiggehend wütend machte.
„... die wir während der Dauer von zwei Jahren künstlich be­wässern können, falls die Trockenheit überhandnehmen sollte. Nach dieser Zeit würde sich das Problem von selbst lösen. Außerdem liegt zwischen dem Waldstück und den Maisfeldern immer noch eine ungefähr acht Meter breite Grasnarbe. Wir düngen im Übrigen mit Kalk und Mergel. Dadurch wird der Humus hervorragend zersetzt und die Säure im höchsten Maße gebunden.“
Fest und unbeirrt trug Hannes' Vater seine Argumente vor. Mich hatte er bereits überzeugt. Ich fand, dass seine Erklärungen sehr plausibel klangen, obwohl er mich heute Morgen bei unserer Ankunft auf dem Hof ziemlich schäbig behandelt hatte. Aber weshalb? War er etwa eifersüchtig auf seinen Sohn? Ich konnte mir beim besten Willen keinen Reim auf sein Verhalten machen.
„Fräulein Kleve“ hieß ich seit heute Morgen für den Herrn Gutsinspektor – vermutlich, weil ich mit Hannes über Nacht in Lübeck geblieben war. „Den verstauchten Fuß“ hatte er mir ganz offensichtlich auch nicht „abgenommen". Aber mir ist schon eh alles egal, Christine. Ich bin dieses Jahr echt froh, wenn ich wieder zu Hause bin – nachdem wir den Mörder von Knut gefasst haben.

„Gib doch endlich deine Zustimmung, Karla“, fuhr Kröger fort. „Der Wald ist schließlich groß genug, und es muss endlich etwas unternommen werden, damit sich die Kosten für den Erhalt des Gutes mit den Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft zumin­dest die Waage halten. Ich denke dabei insbesondere an die Rechnungen unseres Tierarztes, den Einkauf von Spezialfutter sowie uns eventuell noch bevorstehende Vieh- und Stallseuchen. – Nun gut! Nach einigen Jahren können wir auf den neu hinzuge­wonnenen Äckern Hafer, Roggen und Buchweizen säen. Ach, eh ich 's vergesse: Die Sommerbirnen sind gelb. Es wäre schade, wenn sie vergammeln. Oder wollt ihr im kommenden Winter auf Birnenmarmelade und Kompott verzichten?“
„Natürlich nicht! Ich werde Leni gleich morgen früh in den Obstbaumgarten schicken. Katja kann ihr helfen. Aber um beim Thema zu bleiben: Es gibt da doch noch ein beträchtliches Stück Moorland bei den Fischteichen“, wandte die Gnädigste mit zaghafter Stimme ein. „Und was das für einen Aufwand macht, die vielen Baumwurzeln zu roden.“
„Karla! Weisst du eigentlich, was es dich kosten würde, Moorland trockenzulegen?“, erkundigte sich Kröger mit ungeduldiger Stimme. „Diesen finanziellen Faktor wollte ich erst gar nicht erwähnen. Der Boden muss gezielt entwässert werden – durch Dränagen, die das Wasser sammeln und in Gräben ableiten. Außerdem ist gerade dieses Moorland immerhin in einem Maße zugänglich, dass wir Torf und Reet gewinnen können. Weshalb sollte man eigentlich fortwährend mit bewährten Traditionen brechen? Die Fichten hinter den Maisfeldern sind zudem alt und krank. Bei der nächsten Baumkontrolle durch die Landesforstverwaltung gehen die Bäume ohnehin nicht mehr durch, weil sie die gesunden Pflanzen anstecken und auf Dauer den ganzen Wald schädigen. Die Borkenkäfer können regelrechte Katastrophen auslösen. Eigentlich hätten die Fichten bereits viel früher gefällt werden müssen. Ihre Kronen sind seit langem braun, und von den Rinden fallen ständig große Teile ab. Es wird allerhöchste Zeit – bevor sie total wertlos geworden sind. Wahrscheinlich müssen wir die gefällten Bäume auch noch schälen, weil ich unter einigen Borkenschuppen weiße Larven entdeckt habe. Und dann nichts wie weg damit, raus aus dem Wald. Die kommenden Herbststürme werden nebenbei auch noch einen Großteil entwurzeln, sofern sie uns denn heimsuchen. Im November wird dann der restliche, weitestgehend verschont gebliebene Baumbestand aus dem Gebiet geschnitten. Das Holz ist alt und sollte nicht im Sommer bearbeitet werden. Lass uns doch erst einmal diese Aufgabe in Angriff nehmen. Wenn sich dort alles zu unserer Zufriedenheit entwickelt, können wir weiterreden. Meinetwegen auch über das Moor bei den Fischteichen. Es ist doch nun wirklich nicht so, dass wir mit dieser Aktion den Wald sinnlos ausschlügen und benachbarte Felder verkümmern ließen. Weiß Gott nicht! – Übrigens, was die Wiesenmoore neben dem alten Erlengehölz betrifft: Am besten eignen sich Leitungen aus Tonrohren. Ton saugt vortrefflich und massenhaft Wasser und erwärmt zudem die Erde. Aber mal davon abgesehen, Karla, der Lachauer Forst ist riesengroß. Wir könnten einen nicht unbeträchtlichen Gewinn

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Kommentare

01. Dez 2017

Die Mischung, sie stimmt! Nach wie vor:
Hochspannung trifft auf Humor ...

LG Axel

01. Dez 2017

Dank, lieber Axel, dir, für deinen Kommentar.
Herr Fuchs ist jetzt im Anmarsch, jener Kommissar.

LG Annelie

01. Dez 2017

Wie das wohl weiter geht ?
Ich bin gespannt und warte !
Gruß,
Volker

02. Dez 2017

Danke, lieber Volker, für deinen Kommentar. Ehrlich gesagt: Ich bin genauso gespannt wie du; weiß auch nicht mehr ganz genau bzw. nicht wortwörtlich, wie es weitergeht.

Liebe Grüße,
Annelie

02. Dez 2017

Wieder spannend der Text ...
Annelie-like gelungen die Collage ...
ent- zückend das kleine Mädchen; bist du das?

Liebe Grüße - Marie

02. Dez 2017

Liebe Marie, danke für deinen Kommentar. Ja, das kleine Mädchen war ich - im zweiten Schuljahr. Noch konnten wir lachen, denn wir hatten eine besonders gute Lehrerin: Fräulein Bergenthal, die uns am Ende des dritten Schuljahres leider verließ. Danach verging uns das Lachen.

Liebe Grüße,
Annelie

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