Der Tag, an dem Pjöngjang Elvis Presley den Krieg erklärte

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Am 17. Dezember 2011 stirbt Kim Jong-il, Generalsekretär der Partei der Arbeit Koreas (GdPdAK), Oberster Befehlshaber der Koreanischen Volksarmee (OBdKVA) und Vorsitzender der Nationalen Verteidigungskommission der Demokratischen Volksrepublik Korea (VdNVkdDVrK). Nur wenig später beginnen die dreizehn gefährlichsten Tage für das Fortbestehen der Menschheit seit den dreizehn gefährlichsten Tagen für das Fortbestehen der Menschheit anlässlich der Kuba-Krise 1962. Eine international agierende Verschleierungs-Front, bestehend aus Geheimdienstleuten, Politikern, vorauseilend gehorsamen oder schlichtweg gekauften Journalisten sowie einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Geschichtsklitterungs-Kommission des Pentagon, hat unabhängige Berichte stets zu unterdrücken versucht. Gleichwohl ließ sich nicht verhindern, dass die Gerüchteküche ins Brodeln geriet. Heute nun, einige Jahre danach, gelangen erstmals alle Fakten ungeschönt ans Licht der Öffentlichkeit. Lesen Sie exklusiv den Bericht eines unmittelbar Beteiligten über die dreizehn Tage der sogenannten „Elvis-Affäre“ – einer hochbrisanten Angelegenheit, die, so wagen wir zu behaupten, den Vergleich mit der Schweinebucht-Krise keineswegs zu scheuen braucht! Denn:

SO DICHT STAND DIE WELT NOCH NIE AM RANDE DES ATOMAREN ABGRUNDS!

Ja, dumm gelaufen. In der letzten Dezemberwoche saßen wir im „Club der Freunde des freien Unternehmertums“ in gemütlicher Runde beisammen, vor uns diverse Schoppen „77er Oberföhringer Vogelspinne“, als ich augenzwinkernd zu Protokoll gab, in Pjöngjang sei der weltweit größte Elvis-Presley-Imitator aller Zeiten gestorben: Kim Jong-il, geliebter Führer und Generalsekretär der Partei der Arbeit Koreas. Allesamt lachten wir und erhoben die Gläser ob dieses gelungenen Scherzes. Wer konnte ahnen, dass Wilfried Schluckwerder von der Firma „Schluckwerder Spirituosen & Söhne“ siebzig Prozent seines Umsatzes mit „Grottendorfer Vollmeise – Badischer Birnenbrand“ durch Pjöngjang erzielt. Und wer konnte ahnen, dass dieser niederträchtige kommunistische Agent stante pede zum Telefonhörer greifen würde, um seine Erkenntnisse über die „Konterrevolution“ in Niederaubach an den nordkoreanischen Geheimdienst zu rapportieren.
Ja, dumm gelaufen, aber so fing es an.

Als ich Tags darauf das Haus verließ, lungerten drei asiatisch anmutende Gestalten in Polyvinylchlorid-Regenmänteln auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Drohend hielten sie mir selbstgebastelte Transparente entgegen: „Nieder mit dem Imperialisten Flötenzupfer! Lang lebe der unsterbliche Führer Kim Jong-il!“ Ich winkte freundlich, bestieg meine Limousine der abgehobenen Mittelklasse und fuhr mit quietschenden Reifen gen Autobahn. Im CD-Player rotierte „Highway To Hell“ von AC/DC!
Gegen Mittag stand mein Freund und Kollege Harfenbläser vor dem Schreibtisch. Ich war eben damit beschäftigt, einen Ball zu putten und daher nicht recht bei der Sache.
„Schalte den Fernseher ein, Gisbert, rasch.“
Ich angelte mir die Fernbedienung, drückte den Knopf und hörte den Klang einer bebenden Frauenstimme. Zu den Bildern zahlloser Reisweintrinker, die Essstäbchen, Papierdrachen in Form von Interkontinentalraketen und bunt bemalte Glückskatzen schwangen, verlas die Dame folgende Mitteilung: „Wie die Korean News Agency meldet, sind in den frühen Morgenstunden die Werktätigen Nordkoreas spontan auf die Straßen gegangen, um gegen die durch ,westliche Provokateure‘ erfolgte Beleidigung Kim Jong-ils, des kürzlich verstorbenen Generalsekretärs der Partei der Arbeit, zu demonstrieren. Nach unbestätigten Gerüchten, soll der deutsche Geschäftsmann G.F. aus N. den ,geliebten Führer‘ öffentlich als ,verfetten Elvis-Klon‘ und ,beste biochemische Offensivwaffe der nordkoreanischen Streitkräfte‘ bezeichnet haben. Ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang erklärte, Nordkorea behalte sich alle nur erdenklichen Schritte vor, inklusive der Zerstörung des Planeten Erde, der Okkupation des Alpha-Centauri-Systems und der Ausrottung jeglichen Lebens (bis hinan zum Einzeller) auf der allseits beliebten Magellanschen Wolke.“ Bei diesen Worten erschien ein untersetzter Apparatschik, der Reste süßsaurer Glasnudelsuppe in die durch aufrechte Empörung verzerrten Gesichter der vor ihm versammelten Genossen spuckte. (Möglicherweise waren es allerdings gar nicht die Reste süßsaurer Glasnudelsuppe. Möglicherweise waren es Sedimente einer Sprache, die von der Evolution seit Äonen in die Kiste mit dem Label „Back to the old drawing board“ verbannt worden war.) Im Anschluss daran wurde eine Strohpuppe auf einem gigantischen Scheiterhaufen vor den Toren Pjöngjangs abgefackelt. Wie dem Begleitkommentar zu entnehmen, hatten staatliche Stellen für diese Aktion fünfunddreißig Prozent der nordkoreanischen Heizöl-Reserven zur Verfügung gestellt. Im nächsten Winter, so heißt es, dürfe mit zehntausenden „patriotischer Kälteopfern“ gerechnet werden.
„Starke Leistung“, sagte ich.
„Flöte“, sagte „Harfe“, „das bist du!“
„Wer bin ich?“
„Na die Puppe da, auf dem Scheiterhaufen.“
Demonstrativ lehnte ich mich vor und studierte das Bild auf dem Bildschirm. „Nie und nimmer. Seit wann trüge ich denn Lederhosen und Gamsbarthut mit Stars and Stripes?“

Doch damit war die Angelegenheit keineswegs erledigt. Bereits am nächsten Tag erfuhr die aufgeschreckte Weltöffentlichkeit, dass Pjöngjang erklärt habe, es könne meine Heimatstadt Niederaubach (oder jede andere beliebige Metropole der westlichen Welt) „binnen drei bis vier Sekunden“ in atomare Sojasauce verwandeln, sollte das erforderlich sein, um den Rachedurst der nordkoreanischen Arbeiter und Bauern zu stillen. Begleitet wurde diese Drohung durch den nichtangekündigten Start einer für den Transport nuklearer Waffen geeigneten Langstreckenrakete, die dreihundert Meter hinter dem „Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas“ ruhmreich in ein Reisfeld stürzte, dabei eine Kolonie vom Aussterben bedrohter Feldhamster in lustig blinkende Leuchtbojen verwandelnd. Wie das Staatsfernsehen erklärte, war das keineswegs als ein Indiz mangelnder Ingenieurskunst zu werten, sondern als ein durchaus auch in dieser Form eindrucksvolles Signal an die „unversöhnlichen Feinde des nordkoreanischen Volkes und seines geliebten toten, gleichwohl unsterblichen Führers Kim Jong-il“.
Banzai!

Nach der „Tagesschau“ klingelte das Telefon. Bärlebärchen, meine siebzehnjährige Tochter, nahm den Hörer ab.
„Papa, für dich. Dauerwelle.“
„Dauerwelle?“, fragte ich.
„Westerwelle“, sagte eine Stimme. „Flötenzupfer, die Lage ist ernst.“
„Welcher Westerwelle?“
„Guido, Ihr Außenminister. Ich rufe an, um zu sagen, dass die Kanzlerin und das Kabinett wie ein Mann hinter Ihnen stehen. Der UN-Sicherheitsrat tagt heute Nacht.“
„Wie ein Mann“, wiederholte ich. „Was soll das? Und wer, zum Teufel, sind Sie?“
Schweres Einatmen am anderen Ende der Leitung. „Ich kann jetzt nicht plaudern. Kreisabgeordnetenversammlung der Freien Demokraten in Bad Münstereifel. Sprechen Sie mit keiner Menschenseele, verstanden? Vor allem nicht mit der Presse. Wir schicken morgen einen Hubschrauber. Ist Ihr Garten groß genug? Ich meine, wegen der Landung.“
„Wer war das?“ fragte Renate, meine liebende Gattin.
„Westerwelle.“
„Welcher Westerwelle? Was hat er gewollt?“
„Er steht hinter mir. Wie ein Mann.“
„Westerwelle? Gisbert, keine Scherze.“
„Die Kanzlerin auch.“
„Wie schön. Dabei hast du sie nicht mal gewählt.“
„Beim nächsten Mal. Beim nächsten Mal bestimmt.“

Der UN-Sicherheitsrat in New York hatte getagt und sich einstimmig vertagt. Die westlichen Mitglieder verlangten eine scharf formulierte Protestnote und Sanktionen gegen Nordkorea, China verlangte die kommunistische Weltherrschaft und Auskunft darüber, wer Doktor Flötenzupf (sic) sei, und was, in drei Teufels Namen, er sich dabei gedacht habe.

„Und, was

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