Am alten Fort setze ich mich auf eine Bank, lese im Reiseführer. König João Sebastião wurde 1554 geboren, er war der Enkel des portugiesischen Königs Johann III. und lebte in einer Traumwelt aus mittelalterlichen ritterlichen Idealen, erzogen wurde er von Jesuiten. Als Fünfzehnjähriger trat er die Regierung an. Sein großes Ziel war die Eroberung Nordafrikas. Mit zwanzig Jahren führte er seine erste militärische Expedition nach Marokko an, vier Jahre später marschierte er mit einer Armee von 18.000 Portugiesen ein, es war die berüchtigte Schlacht von Alcazarquivir, die Portugal zum Verhängnis wurde. Das Heer des Sultans Muley Abd-el Malik schlug die Portugiesen, 8000 Portugiesen fielen in dieser Schlacht, Tausende gerieten in Gefangenschaft. Portugal musste den größten Teil seines Staatsschatzes als Auslöse zahlen. Es war eine verheerende Katastrophe für das Land. König Sebastião fiel in der Schlacht, sein Leichnam wurde nie gefunden. Die Sage entstand, dass er noch lebe und das Land einst aus höchster Gefahr retten werde.
Mit den Entdeckungsfahrten der Seefahrer wurden der Traum zur Tat und die Tat wieder zum Traum, jenem bis heute nicht ausgeräumten messianischen Traum von der Wiederkehr des Königs Sebastião. O Desejado – Der Ersehnte, steht auf dem Denkmal. Da steht er, kindlich geblieben und überlebensgroß und doch zu klein für die Verwirklichung seiner Träume. Wonach hält er Ausschau? Warten die alten Männer um ihn herum auf den Bänken denn noch immer auf ihn? Diese Frage stellte mir ein Engländer, er sprach mich von der Seite an und verwickelte mich in diese Geschichte. Fernando Pessoa fällt mir ein, der portugiesische Dichter der Masken und Heteronyme, er spielte mit diesem Traum und Mythos in der Fiktion des Ricardo Reis. Er lässt ihn nach Brasilien auswandern und notiert in der Biografie für ihn kein Todesdatum, so lebt er wohl noch immer wie der verborgene König.
(Fortsetzung folgt)