Vor uns ein trostloser Küstenstrich, nicht das geringste Anzeichen einer Siedlung ist zu sehen, soweit das Auge reicht, nur Ozean, Himmel und der dünne grüne Streifen Busch. Da entdecken wir sie – riesige schwarze Krokodile! Mit aufgesperrtem Rachen schwimmen auf uns zu, die ersten erheben sich bereits aus dem Wasser. „Sie rennen!“, flüstere ich. Dann rennen auch wir, hinter uns her die Krokodile. Atemlos erreichen wir die schnurgerade Landstraße, wo unsere Kutsche wartet. Der Fuhrmann auf dem Bock frühstückt in der Sonne. Hastig steigen wir ein. „Fahr los!“, rufe ich. Kopfschüttelnd packt er sein Brot ein, nimmt die Zügel und löst die Bremse. Er berührt die Pferde leicht mit der Peitsche und wir schaukeln im Zuckeltrab los. Nach wenigen Schritten bleiben die Pferde einfach stehen. „Los!“, schreie ich und werfe einen Blick zurück. Die Verfolger sind dicht hinter uns. Ich fluche. Der Kutscher lacht. Er knallt mit der Peitsche und ruft den Pferden ein Kommando zu. Die Pferde fallen in Schritt. Ich lehne mich zurück. Erst da bemerke ich die Veränderung. Der Kutscher hat eine blonde Perücke aufgesetzt und klopft anzügliche Sprüche. Ich weise ihn zurecht. Da beginnt er zu klagen, seinen kleinen goldenen Schlüssel mit dem Porträt der Fürstin zu Fürstenberg hat er verloren. „Schneller!“, schreie ich, „dann bekommst du den Schlüssel zurück!“
Die Krokodile sind los
von Monika Jarju
Prosa in Kategorie:
Noch mehr von der Persönlichkeit → Monika Jarju