Streifzug durch Lagos 7

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von Monika Jarju

Doch da geschieht etwas und unterbricht meinen Gedankenfluss. Bewegt sich der weiße Zwilling etwa? Unerwartet vollführt der weiße Mann eine anmutige Armbewegung, führt elegant die Fingerspitzen an die Lippen, spitzt den Mund – blitzschnell wirft er mir einen atemberaubenden Luftkuss zu. Sofort steht er wieder ganz still, verzieht keine Miene, kein Atemzug verrät ihn. Wer hat es noch gesehen? Vielleicht keiner. Der Platz regt sich nicht. Das bleibt unser Geheimnis. Doch ich bin ganz sicher, seine Augen lächeln einen unmerklichen Moment.

Eines Nachmittags, ich überquere wieder den Platz am Sebastião-Denkmal scheint mir etwas Weißes entgegen. Wir kennen uns schon. Da ist er wieder, der Pantomime. Seine Augen leuchten wie Glut aus dem starren Weiß heraus. Wir tauschen einen fast unsichtbaren Gruß, der liegt für einen Moment in seiner zierlichen Handbewegung und im Funkeln seiner Augen. Irritiert gehe ich vorbei, ohne eine Münze in seinen Kasten zu werfen, so erfüllt bin ich von dieser zauberhaften kleinen Freude, der Andeutung eines geheimen Einvernehmens zwischen uns.

Die Sprache der Stille verstehe ich, bedeutet, erwachsen zu sein und Kind zu bleiben, ganz Mensch zu sein. Der Zauber, der durch den belebenden Blick eines anderen hervorgerufen wird, löst die Erstarrung. Das ist der Moment, auf den wir alle warten, der wie ein Versprechen lockt. Erneuerung durch Begegnung. Ein geträumter Moment unendlicher Schönheit – das hat er mit dem Sebastião gemein. O Freunde auf der anderen Seite des Meeres, wir teilen den gleichen Traum – eines Tages werden wir uns wiedersehen – Inschallah!

Prosa in Kategorie: 
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