Andrea durchstöberte die Geschäfte nach einem passenden Geburtstagsgeschenk. Ihr war nicht klar, wonach sie eigentlich suchte. Sie wünschte sich, dass das passende Geschenk einfach sie aussuchte, sich von selbst fand. Es sollte daliegen in einem Regal, auf einem der dekorierten Tische, in einer Auslage und genau das sein, von dem sie vorher nicht gewusst hatte, dass es das einzig Richtige wäre. Sie wollte es greifen, ohne Zaudern zur Kasse gehen, es einpacken lassen, Zufriedenheit in sich spüren und auch die Vorfreude auf das Überreichen des Geschenks. Das alles sollte das Geschenk sein. Regalreihe um Regalreihe ließ sie hinter sich. Nichts sprach zu ihr. Sie verließ den Laden, heute hatte sie kein Gespür für das Besondere.
Ziellos lief Andrea durch die Straßen, nahm die Umgebung kaum wahr. Sie bemerkte einige Veränderungen, neue Geschäfte, Restaurants, einige andere gab es nicht mehr. Sie war hier immer nur durchgeeilt, ohne sich wirklich einzulassen. In ihre Selbstgespräche mischte sich scharfer Sarkasmus, Ironie und Spott trieben sie voran. In der Passage im Metroschacht hielt sie inne, als sie einen russischen Laden entdeckte. Vor dem Schaufenster beugte sie sich hinunter, um die kyrillisch beschrifteten Verpackungen besser lesen zu können. Sie entdeckte eine unscheinbare Tüte mit eingewickeltem Konfekt. Andrea ging in die Hocke und starrte selbstvergessen auf die kleine Tüte. Mischka-Konfekt, knusprige Waffeln ummantelt von Schokolade, erinnerte sie sich, in dickes blaues Papier gewickelt. Der Geschmack lag ihr bereits auf der Zunge. Lange her, sie hatte es vergessen. Teuer war es und selten zu haben gewesen, der Genuss dafür umso stärker. Sollte sie hineingehen, fragen? Erst da fiel ihr die Dunkelheit im Geschäft auf, es war bereits geschlossen. Leichten Schrittes entfernte sie sich. Wenn ihr das Konfekt nun nicht mehr schmecken würden? Aber wollte sie das wirklich wissen!