März 1994

Bild von Soléa
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Endlich… das warten hatte ein Ende. Allmählich wurde es auch zu eng für Dich. Da ging es Dir wohl, wie mir auch. Bald sehen wir uns und ich kann Dich in meinen Armen halten. Seit siebenunddreißig Wochen sind wir miteinander verwachsen. Du und ich. Innig, Fürsorglich und in tief verbundener Liebe. Jetzt war es so weit!

Die Fruchtblase hatte es noch eiliger wie Du, sie platzte. Und doch wurde ich nicht nervös, blieb weiter gelassen, wollte unbedingt bis zum aller letzten Moment Dich unter meinem Herzen fühlen. Wenn Du geboren bist, ist es vorbei... Geschichte!

Dein Vater, offensichtlich nervöser als ich, packte mich gut eingewickelt ins Auto und fuhr mit Sicherheit zu schnell, ins zuvor informierte Krankenhaus. Dort angekommen schwieg ich! Was aber sehr untypisch war und ging in die Defensive… auf Tauchstation. Plötzlich bekam ich Angst! Angst ausgeliefert zu sein. Auf Verderb und Gedeih. Was soll ich hier? Hier in diesem Hôpital in Frankreich? Ich verstand kein Wort! Die mir wohlklingenden und akustisch doch vertrauten Sätze gaben mir nie einen Sinn… und doch bin ich hier. In einem Land, einem Spital, einem Kreißsaal den ich vorher nie sah und soll Dich gebären… Papa war da, und im Glauben, das eine Frau das alles schon irgendwie hin kriegt. Der Frauenarzt hatte ja zuversichtlich bei der letzten Vorsorge gemeint, “ keine Angst, raus kommen sie immer, gute Frau“, “stimmt“, hatte ich erwidert,“ so, wie die Flugzeuge runter“. Von da an verachtete ich ihn und dachte nur „blöder Hund“.

Nun lag ich hier. Eine Flucht war nicht mehr möglich. Meine Beine unbequem in Geburtsstellung gebracht. Blutdruckmanschette angelegt. Rechts und links vom Bett wurden Gitter zum Festhalten hochgezogen und ein Infusionsständer bereitgestellt. Panik überkam mich und ich fing an zu Überlegen warum ich hier war…? Es war doch wegen Dir! Meinem lieben Kind. Unsere große Stunde hatte geschlagen. Wir schaffen das schon, waren Monate lang ein Team. Und jetzt hatte ich das Gefühl, das alles in einen routinierten Ablauf übergeht. Ich wollte Dich entspannt mit unserem Lied auf die Welt bringen. „ Sacrifice“ ! Dein und mein Lieblingslied. Wann immer es spielte nahm ich meinen Bauch mit Dir darin in den Arm und tanzte…neun Monate lang! Und Du? Du bewegtest Dich mit. Manchmal sah ich ein Füßchen oder war es die kleine Faust ? Ich berührte Dich zart… wie auch jetzt wo Du auf meinem Herzen liegst und Dein Geschrei sich mit meinem seligen Weinen vermischt...

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