Leseprobe
Insgesamt schrieb Agatha Christie 13 Romane, in denen Miss Marple ermittelt:
1930: The Murder at the Vicarage (dt.: Mord im Pfarrhaus)
1932: The Thirteen Problems (dt.: Der Dienstagabend-Klub)
1942: The Body in the Library (dt.: Die Tote in der Bibliothek)
1943: The Moving Finger (dt.: Die Schattenhand)
1950: A Murder is Announced (dt.: Ein Mord wird angekündigt)
1952: Murder With Mirrors / They Do It with Mirrors (dt.: Fata Morgana)
1953: A Pocket Full of Rye (dt.: Das Geheimnis der Goldmine)
1957: 4.50 from Paddington (dt.: 16 Uhr 50 ab Paddington)
1962: The Mirror Crack’d from Side to Side (dt.: Mord im Spiegel)
1964: A Caribbean Mystery (dt.: Karibische Affäre/Karibischer Sommer)
1965: At Bertram’s Hotel (dt.: Bertrams Hotel)
1971: Nemesis (dt.: Das Schicksal in Person)
1976: Sleeping Murder (dt.: Ruhe unsanft)
Gracie Fields
Dame Gracie Fields war das erste reale Gesicht der Christie-Detektivin Jane Marple für die Television. 1956 wurde im Rahmen der »Goodyear Television Playhouse«-Serie der Miss Marple Krimi A Murder is Announced (Ein Mord wird angekündigt) von Regisseur Paul Stanley als 60-minütiges Fernsehspiel mit Gracie Fields in der Hauptrolle für das TV adaptiert. Mir liegt dank eines Freundes eine Kopie dieser Fernsehfassung aus dem Goodyear Archiv vor. Die Fernsehfassung wurde am 30.12.1956 im amerikanischen TV gezeigt. Der Film verschwand dann auf Nimmerwiedersehen in den Katakomben. Leider ist die Qualität des mir zur Verfügung gestellten Filmmaterials sehr schlecht, aber um die Szenerie sowie die Dialoge zu verfolgen und mir ein persönliches Bild davon zu machen, hat es gereicht. Diese Dialoge sind meiner Meinung nach sehr platt. Mir kommt es vor, als würde alles nur von einem Blatt heruntergelesen. Kaum Mimik, geschweige denn großartig gestikulierend, wie ich es von meiner Margaret gewohnt bin.
Orte der Handlung sind größtenteils Räume, sprich Studio. Also nur einige wenige Außenaufnahmen in New York. Das erinnert an die Durbridge Krimis der 60er-Jahre, die Deutschland leere Straßen und volle Wohnzimmer bescherten. Sie hatten im Vergleich zu Kinofilmen durchaus ihren eigenen Charme. Die Handlung spiegelt ganz grob die literarische Vorlage von Agatha Christie wider, obwohl auch hier der Unterschied zwischen TV und Buch deutlich erkennbar bleibt. Miss Marple ist ziemlich früh in den Fall involviert und spielt durchgängig den Hauptpart, während sie in den Romanen oftmals im Hintergrund arbeitet. Sie lässt Freunde für sie Erkundungen betreiben. Gracie Fields Alter, von damals 58 Jahren, war anscheinend zu jung für eine Miss Marple. Und erschwerend kam hinzu, dass man sie mit einem schottischen Akzent aufwarten ließ, was natürlich auch Agatha Christie verärgerte, da ihre Miss Marple durch und durch britisch war. Man sollte Gracie Fields trotz meines suboptimalen Eindrucks ihrer Marple-Darstellung attestieren, dass sie eine begnadete Schauspielerin, eine Sängerin von Weltformat und zudem eine großartige Komödiantin war.
Weitere bekannte Schauspieler in A Murder is Announced waren unter anderem der junge Roger Moore in der Rolle des Patrick Simmons, seinerzeit noch ein Schauspieler in den hinteren Rängen, bevor er als James Bond Weltruhm erlangte und Oscar-Preisträgerin Jessica Tandy als Leticia Blacklock. Ihren Oscar erhielt Tandy 1990 für Miss Daisy und ihr Chauffeur. Dame Gracie Fields wird am 9. Januar 1898 in Rochdale, Lancashire, England als Grace Stansfield geboren. Bereits als Siebenjährige stand sie 1905 das erste Mal auf einer Bühne. Ihre drei Geschwister (ein Bruder und zwei Schwestern) suchten alle ihr Glück auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Gracie war die begabteste und somit auch die erfolgreichste der Geschwister. 1910 gab sie ihr Profidebüt im Hippodrome Theater in Rochdale. Sie musste dadurch später ihre Arbeit in einer Baumwollmühle aufgeben. Sie traf auf den Komödianten Archie Pitt. Mit ihm startete sie eine Zusammenarbeit. Pitt wurde nämlich ihr Manager.
Die erste gemeinsame Revue im Jahre 1915 hieß Yes I Think So. Bis 1922 tourten sie durch Großbritannien. In dem Jahr haben sie das Bühnenprogramm Mr. Tower of London auf die Beine gestellt. Mit diesen Auftritten änderte sich alles, als sie ins Londoner West End kamen. Das Londoner Publikum war unerwarteter Weise begeistert. Sie wurde schlagartig bekannt. Ihre Karriere beschleunigte sich zusehends, und man traf fortan Gracie auch in nichtkomödiantischen Theaterstücken, und sie begann ihre Karriere als Schallplattenstar. Archie und Gracie heirateten 1923.
Einen gigantischen Publikumserfolg erzielten beide mit ihrem Programm 1925 im Alhambra Theatre. Mehr als zehn Jahre gingen sie mit dieser Show auf Tournee. Allein in den Royal Variety Shows in London trat sie von 1928 an mehr als zehnmal auf. Das Publikum tobte jedes Mal, wenn Gracie Fields ihren
Mix aus Witzen, Selbstironie, komischen Liedern und Monologen präsentierte. Sie machte sich mit leicht ironischen Liedern über die Ära der Weltwirtschaftskrise lustig und orientierte sich dabei an der Arbeiterklasse Nordenglands. Ihr Song »Sally« wurde ihr berühmtester, gleichzeitig ihr Erkennungslied. Er wurde in den Titel ihres ersten Films Sally in Our Alley (1931) eingebaut, der dann auch die Kinokassen klingeln ließ. Weitere Filme folgten, zunächst in England, dann in den USA (dort erhielt sie ein Rekordhonorar von 200.000 US-Dollar für vier Filme). Sie schloss nie richtige Freundschaft mit der Filmerei, da sie das Live-Publikum über alles liebte. Fields wurde einer der bestbezahlten Entertainer in Großbritannien und spielte überall im Lande vor ausverkauften Häusern. Fortan nannte man sie in England nur noch »Unsere Gracie«. In den 1930er-Jahren soll sogar eine Sitzung des Parlaments früher beendet worden sein, damit die Abgeordneten eine Radiosendung hören konnten, die von Gracie Fields begleitet wurde. Sie erhielt von nun an viele Auszeichnungen und wurde sogar Commander of the British Empire. 1939 erkrankte sie an Gebärmutterhalskrebs. Ihre Fans schrieben ihr mehr als 250.000 Genesungskarten. Sie zog sich in ihr Haus auf Capri zurück, um zu gesunden. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach unterbrach sie ihre Zwangspause und unterhielt fortan die britischen Truppen. Sie heiratete den Filmregisseur Monty Banks, nachdem sie von Pitt geschieden war. Banks war noch Bürger des Kriegsgegners Italien, und somit mussten beide nach Nordamerika auswandern, um eine Internierung Banks zu umgehen. Gracie Fields unterhielt aus den USA weiterhin die Truppen ihrer Heimat England, aber die Popularität schwand zusehends. Nicht zuletzt, weil die britische Presse sie als Verräterin und Deserteurin bezeichnete.
Nach dem Krieg setzte sie ihre Karriere fort, konnte jedoch erst nicht an die vorigen Erfolge anknüpfen. 1948 wurde sie in den Charts 3. mit dem Song Now is The Hour. Sie begann auch wieder in Großbritannien aufzutreten. Auf dem Festival of Britain war sie der Star, und ihre Popularität nahm von da an
wieder an Fahrt auf. Den Status, den sie in der 1930er-Jahren innehatte, erreichte sie nicht mehr. Sie nahm jedoch weiterhin Songs auf, drehte jedoch keine Filme mehr. Musikalisch ging sie von nun an mehr in die klassische Richtung.
Ihr Ehemann starb 1950, und ihre neue Heimat wurde Capri. Zwei Jahre später heiratet Gracie Fields ein drittes Mal und arbeitete fortan nur noch wenig. In Großbritannien erreichte sie mit dem Lied »Around the World« 1957 den Achten Platz und 1959 mit »Little Donkey« Platz 20. Bei den wenigen Auftritten,
die sie noch hatte füllte sie aber weiterhin die Hallen, auch im Alter von über 70 noch.
1978 eröffnete sie das Gracie Fields Theatre in Rochdale, und hatte mit 80 Jahren noch einmal einen Auftritt in der Royal Variety Show, der ihr letzter sein sollte.
1979 wurde sie von Königin Elizabeth II. zur Dame des Britischen Empire erhoben. Am 27. September 1979 starb Gracie Fields in ihrem Haus und wurde am 29. September auf dem Friedhof in Capri beigesetzt.
Zum 125. Geburtstag von Dame Margaret Rutherford, am 11.05.2017, bringt Klaus F. Rödder erneut ein Buch zum Thema Miss Marple heraus. Nachdem er in seinem 1. Buch "Die haben ihre Methoden - wir die unseren, Mister Stringer" seine eigenen Spurensuche in England und die Biographie von Dame Margaret Rutherford verarbeitete, widmet sich dieses Buch neben der großen Rutherford auch den anderen Darstellerinnen, die nachhaltig ihr Gesicht für Agatha Christies Detektivin Jane Marple herhielten. Unter anderen beleuchtet Klaus F. Rödder Angela Lansbury, Helen Hayes, Joan Hickson, Gracie Fields, Julia McKenzie, Geraldine McEwan. Aber auch Bühnendarstellerin Dulcie Gray oder Ruth Drexel, die in ihrer Rolle als Agathe Heiland eine Art Alpen-Miss-Marple gab, finden einen Platz in Rödders Buch.