13 – Lebenssplitter "Schweine"

Bild für das Profil von Heide Nöchel (noé)
von Heide Nöchel (noé)

Das früher beschriebene altertümliche Fenster im Aufgang zur Mehlkammer oberhalb der Backstube „meiner“ Bäcker- und Konditorfamilie, das mit den vielen kleinen ungeputzten, spinnenfamilienbesetzten Scheiben, ging auf einen kleinen ummauerten Hof hinaus. Ein winziger, schließlich war er mitten in der Stadt. Und davon abgezweigt war ein Mini-Schuppen, eher ein baufälliger Verschlag. In diesem Schuppen fristeten zwei Schweine ihr freudloses Dasein. Anders kann man es nicht nennen.

Es waren die Verwertungsmaschinen des Bäcker- und Konditorhaushaltes. Sicher war es SO im Mittelalter, und genau dahin versetzt kam ich mir auch vor.

Die armen Viecher hatten nie Auslauf. Tageslicht sahen sie nur durch ein kleines wie auch verdrecktes Fenster (auch dieses musste ich niemals putzen in diesem halben Jahr meines Einsatzes dort) oder wenn die Schuppentür aufgemacht wurde, weil ihnen die Bäckerei-Reste oder Küchenabfälle vorgeworfen wurden.

Mir erklärte man auf meine verständnislose Frage „Schweine? In der Stadt?“, dass jedes Jahr im Herbst eines davon geschlachtet würde und die Familie so mit Fleisch versorge. Dann würde ein Ferkel dazugekauft und im nächsten Jahr das ältere Schwein geschlachtet – und immer so weiter.

So seelenlos-selbstverständlich, wie mir das erzählt wurde, war ich froh, schon wieder weg zu sein, als in jenem Jahr dies Ereignis eintrat.

Die mir das erzählte, war eine immer schicke Frau aus einer Großstadt des Rheinlandes, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die Mutter der Hausfrau und herzensgute Oma für ihre beiden Enkelsöhne.

Irgendwie wirkte das auf mich wie ein nicht zu überbrückender Gegensatz, eine schreckliche Diskrepanz, ausgetragen auf einer schartigen Schweineschwarte.

© noé/2014 Alle Rechte bei der Autorin.

Prosa in Kategorie: 
Thema / Klassifikation: