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an einem Affendaumen?”
“Stimmt”, pflichtete ihm Wasserstorm bei. “Das macht keinen Unterschied.”
Pfannmeister wollte kein Weichei sein, kein schlaffer Versager. Er nickte beipflichtend und führte seinen Affendaumen zum Mund. Die übrigen Herren taten es ihm gleich. Zuerst verließ Pfannmeister den Raum und eilte zur Toilette. Man hörte ein gedämpftes Würgen. Es ist zu bedauern, dass solche Klänge von höchster Ansteckungskraft sind. Die Herren, Dorn, Brohl und Wasserstorm standen vor der Toilettentüre Schlange.
“Ich gebe zu bedenken, dass diese meine Spezialität einen tieferen Sinn in ihrer Wirkkraft hat”, erläuterte H.-G. Bahnstein.
“Wer nicht will, der kann dann auch nicht klagen”, so Prof. Neill mit einem schiefen Lächeln. Die Herren stöhnten. Dann rissen sie sich mächtig zusammen. Dann trat Dorn erneut zur silbernen Schale und langte vorsichtig hinein. Zog wie elektrisiert bei Berühren des Inhalts seine Hand zurück, während sich sein Halsansatz rötete. Dann griff er beherzt zu und zog einen Affenfinger aus dem Gefäß und führte ihn spontan zum Mund. Brohl und Wasserstorm fassten gemeinsam in den Behälter und bewältigten tapfer ihren Ekel, während sie nun zu dritt an ihren Potenz-Reliquien knabberten.
“Der größte Sieg ist der Sieg über die eigene Person”, sagte Bahnstein.
Und diesmal hatten die Herren viel Kraft und ein wenig Brutalität mit dem Speisen verinnerlicht.
Nun trafen sich die Herren in regelmäßigen Abständen, um ihre Erfahrungen über Fetischfreuden auszutauschen.
“Mir geht es blendend”, zwinkerte Pfannmeister.
“First Lady ist zufrieden. Und meine Gespielinnen sind begeistert”, so Wasserstorm.
Dann neigte sich das Jahr dem Ende zu. Ein Jahr voll Kraft und Freude.
Nun fiel das Treffen im Bahnstein’schen Herren Kabinett in die Vorweihnachtszeit, gekennzeichnet von Lichtarmut, Heizungs¬wärme und Familienstress.
“Rückblickend kann ich sagen, mein letztes Jahr hat mächtig Spaß gemacht. Ha, ha, ha!”
Des Apothekers listigen Äuglein glänzten. Sein Lachen kam tief aus seinem Bauch. Das Gelächter steckte an. Die Herren fühlten sich großartig.
Zuerst bemerkte Prof. Neill Bahnsteins Schweigen. Er legte seinen Arm um dessen Schultern.
“Unser Freund und Retter hat Probleme?”
Bahnstein nickte kurz und ein Seufzer fand den langen Weg vom Bauch zur Öffnung seines leicht verkniffenen Mundes.
“Ich freue mich so sehr über eure Erfolge. Glaubt mir, ich freue mich aus tiefstem Herzen mit euch”, stieß er hervor, doch Tonlage und Aussage harmonierten nicht.
“Geteilte Freude ist doppeltes Glück”, bestätigte Brohl, und seine Augen glimmten wie Glühwürmchen.
“Nun, was ist los?” nahm Dorn den Faden wieder auf. “Der Prophet, der sich nicht selber helfen kann?” ergänzte er.
“Alles wäre wunderbar, wenn”, wieder entwich ein heftiges Stöhnen dem Bahnstein’schen Brustkorb.
“Was meinst du mit wenn?”
Auch Wasserstorms Neugier wurde geweckt.
“Es waren Menschenaffen”, murmelte Bahnstein. “Voller Kraft”, verdeutlichte er.
“Ja, ja, die Kraft war verblüffend”, sagte Prof. Neill. “Sie reichte zur Übertragung auf uns voll aus. Seitdem bin ich wohlauf.”
“Aber warum dann dein Stöhnen?” fragte Dorn mit vorwurfsvollem Unterton.
“Weil es immer noch jemanden gibt, der besser ist als du. Weil sie mich schafft”, stieß Bahnstein hervor. “Sie ist zu stark. Sie schafft mich total.”
“Wer?” Brohls Wissbegier war groß. “Wer um alles in der Welt, wer schafft dich?” schoss es aus ihm heraus.
Indessen steckte Bahnsteins Frau Hilde den Kopf durch den Türspalt und flötete: “Haben die Herren noch einen Wunsch?”
Sie zwinkerte kokett Wasserstorm, dem Kräftigsten in der Runde, ein Auge zu.
“Danke, du Gute”, sagte Bahnstein mit gereiztem Ton. Hilde B. zog sich mit einem kieksenden Lachen zurück.
“He, sie ist gut drauf. Du machst sie froh”, bemerkte Prof. Neill. “Deine Hilde ist verdammt gut drauf.”
Die regelmäßigen Treffen hatten eine wärmende Intimität zwischen den Herren hervorgebracht. Sie duzten sich.
“Hildchen, Hildchen”, murmelte Bahnstein. “Hört mir auf mit Hildchen.”
“Sprich nicht weiter”, unterbrach Pfannmeister. “Ich ahne Schlimmes.”
Er lachte und blickte in Richtung Türe, hinter der Hilde B. verschwunden war.
“Sag, was ist mir ihr?” drängte Prof. Neill. “Was tut Hildchen dir an?”
Bahnstein legte all seine Hemmungen ab und ließ ein lautes Stöhnen hören. Das war befreiend uns tat unendlich gut. Er war nun offen und bereit zur Wahrhaftigkeit. In diesem Kreis konnte er seine Sorgen loswerden.
“Hilde schafft mich. Sie ist besser als ich.”
“Wirklich?” kam es aus allen Richtungen.
“Besser!” bestätigte Bahnstein.
“Schick sie zu mir”, witzelte Brohl und blickte lüstern zur Türe.
“Natürlich in die Apotheke”, fügte er hinzu. “Ich suche für dich ein Mittel heraus.”
“Für mich?”
Bahnstein blickte entgeistert. Dann fiel der Groschen.
“Natürlich für mich. Wenn du sie medikamentös ruhig stellst, dann ist das gut für mich.”
Die Männer lachten schallend.
“Hilde, die Wilde!” sang Pfannmeister. “Verschieß nicht all dein Pulver, es gibt noch andres Wild!”
“He Mann!” schaltete sich Dorn ein. “Bring ihn nicht auf krumme Ideen.”
Bahnstein war an diesem Abend sehr in sich gekehrt. Irgendetwas schien in ihm zu arbeiten.
Die Zeit ging ins Land. Der Winter gab dem Frühling die Hand, der wiederum wurde von Sommer verdrängt. Und wieder trafen sich die Herren an einem sonnigen Abend im späten September. Bahnstein öffnete schwungvoll die Türe und bat die Herren ins Power-Kabinett. Noch leuchtete die Spätsommersonne mit großzügiger Strahlenfülle alle Ecken des Zimmers aus. Sie streichelte Borsten, Federn, Geweihe, die bei der leichtesten Berührung eine Wolke von Staubpartikeln freigaben. Bahnstein wirkte äußerst gelöst. Er schleppte nach alter Tradition mit geheimnisvollem Lächeln die silberne Terrine in den Raum.
“Heute werde ich dafür sorgen, dass unser Glück weiter besteht”, sagte er.
“Klar doch. Red nicht so geschwollen”, lachte Pfannmeister. “Klartext. Was hast du heute für uns erlegt?”
Er nestelte an einem Goldkettchen, das er um den Hals trug und zog vorn aus dem Ausschnitt seines Jägerhemdes ein Amulett hervor. Er öffnete den Verschluss und nahm seine Gepardkralle heraus.
“Die hat mir und uns allen hier den ersten Kick gebracht!” rief er begeistert und blickte mit liebevoller Dankbarkeit zu Bahnstein.
“Geschmeidig und schön wie ein Gepard”, fügte Prof. Neill hinzu.
“Vergesst nicht das köstliche Geschnezelte vom Gepard”, bemerkte Dorn. “Die Kralle ist ein Fetisch, doch mir hat vor allem das Fleisch geholfen.”
“Einverleiben, was man braucht”, stellte Prof. Neill fest und fühlte sich als Kenner der männlichen Seele.
“Nun verrat uns endlich, was gibt es heute? Was könnte uns noch fehlen?” fragte Brohl. Seine kleinen tiefliegenden Äugelein leuchteten.
“Was oder wen werden wir heute in uns aufnehmen?” hakte Brohl nach.
“Der Kavalier genießt und schweigt”, sagte Bahnstein und stellte die Terrine mitten auf den Tisch. “Langt zu, meine Freunde. Langt kräftig