Baltimore Crown oder Wasser des Lebens

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von Monika Jarju

Mit hoher Stimme stellt Anita mir ihren Neuen vor. Offensichtlich ein Mann fürs Grobe, von robuster Statur, mit einem Quadratschädel. Sie sagt tatsächlich Papa zu ihm und schiebt sich rührselig hinter seinen breiten Rücken. Beim genaueren Hinsehen erkenne ich, dass er zu jung ist, um ihr Vater zu sein. Er wirft mir kurz einen durchdringenden Blick zu und zählt laut polternd seine bevorzugten Whiskymarken auf. Wovon ich mich nicht irritieren lasse. Ich zucke auch nicht mit der Wimper, als Anita sich enger ihn schmiegt und „Papa“ zirpt. „Morgen 15 Uhr, mit Baltimore Crown!“, schnauzt er mich an. Keine Bitte, sondern ein Befehl. Seine Einladung zum gegenseitigen Kennen-lernen. Dreist wiederholt er noch einmal seine Lieblings-Whisky-marken. „Papa“, flötet Anita bewundernd. – Warum nur hat sie sich einen Vatermann zugelegt? Wozu braucht sie diesen Kerl? Wir sind im Oma-Alter! Sonst noch Wünsche, sage ich nicht, bemerke aber, wie Anita mich mustert. Sie ist wohl eingeschnappt. Ich lasse sie stehen und gehe. – Als ich an einem Blumenladen vorbeikomme und mein Blick auf die üppig blühenden Pfingstrosen fällt, dunkelrote und zartweiße, bin ich drauf und dran, Anita drei schöne mitzunehmen. Ich verwerfe den Gedanken sogleich. All das habe ich schon einmal erlebt. Bei ihr ist Hopfen und Malz verloren, zumindest für eine Weile.

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