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Heldinnen der Nation.
Miriam von Thannenberg war nunmehr berühmt im Reich, bei den Nachbarn, in der Welt!
(Teil 3) - Fall und Wiederaufstieg
1945 nahte schneller als es den Mächtigen der Nazigetreuen lieb war. Das Reich lag in Trümmern, kaputt geschossen, zerbombt, ausgelaugt, müde, am Ende.
Amerikaner, Russen, Engländer und Franzosen marschierten ein, besetzten die Ruinen der Städte, schwärmten über die Dörfer, scheuchten die letzten Gewaltbereiten aus ihren Löchern, befreiten Konzentrationslager, nahmen gefangen, was Uniform trug oder sich sonst militant bewegte, setzten Bürgermeister ab und Militärs fest.
Den Führer erreichten sie jedoch nicht. Ein Volk, das schwach ist, war seiner nicht würdig, wie der Führer kundtat, nahm sich das Leben und verschwand von dieser Erde. Getreue, so die Historie, haben des Führers und Eva Brauns sterbliche Überreste angezündet und den Flammen überlassen.
Trotz aller Ehre, Reichtum und gesellschaftlicher Stellung, hatte der Krieg auch bei Eusebius und Miriam von Thannenberg tiefe Spuren hinterlassen. Der zuerst geborene Sohn war gefallen und beide Töchter bei Bombenangriffen ums Leben gekommen. Der jüngere Sohn, Ferdinand, lebte, war aber von den Amerikanern wegen dessen Parteimitgliedschaft inhaftiert worden und es wurde gemunkelt, er würde nach Nürnberg überstellt, um ihm den Prozess zu machen.
Geschäfte, Lager, Büros und Läden zerbombt. Nichts von Thannenbergs immobilem Firmenbesitz war noch zu gebrauchen. Angestellte und Arbeiter entweder tot, verletzt oder in alle Winde zerstreut.
Die von Thannenbergs waren am Ende, wie das ganze schöne Reich.
Die Leute zeigten mit dem Finger auf sie. Denunziation griff um sich. Wer konnte, wie auch immer, schob die Schuld anderen zu. Niemand hätte etwas dagegen machen können, sagten sie. Die Nazis, ein Übel, dem niemand entkommen konnte, sagten sie. Von den Juden und Konzentrationslagern hätten sie nichts gewusst, sagten sie. Überhaupt hätten sie von so gut wie nichts gewusst, sagten sie.
Bedrohlich wurde es ob der vielen Anfeindungen, Beschuldigungen und Behauptungen.
Bis..., ja bis Eusebius, nun schon ein betagter Mann, zufällig bei einer Einbestellung durch die Amerikaner mitbekam, von welchen Sorgen die Sieger sich überfordert fühlten, nämlich, dieses kaputte Volk zu versorgen.
Das war Eusebius Stunde! Kurzerhand erläuterte er den Siegern seine Expertise. Er war genau, was sie brauchten, der Experte für Aufbau, Organisation und Durchführung der Versorgung landesweit. Die Struktur, wenn auch am Boden und zerbombt, war vorhanden. Ideen und Wissen, wie es funktionierte, war vorhanden. Personal, wenn auch zerstreut, war vorhanden.
Eiligst wurde Ferdinand, der Sohn, aus Nürnberg herangekarrt nach München, wo man ihm erlaubte, an der Tegernseer Landstraße, im amerikanischen Militär- und Verwaltungsquartier, eine Firmenzentrale einzurichten, geschützt von außen und vor allem unter der Kontrolle der Sieger, wie sie glaubten.
Die Besatzer meinten es vielleicht gut und richtig, verstanden aber von den Anforderungen nichts und so hatten die von Thannenbergs schon sehr bald freie Hand und konnten schalten und walten, wie sie es wollten und für richtig befanden.
Neue Läden und Geschäfte überzogen das Land. Thanneberg handelte, versorgte und verkaufte, was benötigt wurde. Nach 1949 mit der neuen D-Mark flutschte es noch besser. Und einige der Sieger verdienten mit. In dieser Hinsicht hatte sich gegenüber der vorangegangenen Periode mit dem Hakenkreuz nichts geändert. Das Prinzip war übergeordnet das gleiche und, wie es schien, von jeglicher politischen-, ethischen- und moralischen Überzeugung unbeeinflusst. Wer in der Position war, kassierte mit und Eusebius wusste nur zu gut, wie dieses Phänomen zu behandeln und zu bedienen war.
Eusebius lehrte Kniffe und Tricks dem Sohn, brachte ihm bei, was in keinem Lehrbuch steht und übergab die Geschäfte schließlich vollends.
Politisch betätigten sich die von Thannenbergs nicht mehr, jedenfalls nicht offiziell. Sie strebten keine Ämter an, auch keine Ehrungen. Ihr Trachten galt dem Aufbau einer für die damalige Zeit gigantischen Handelskette, der alles eingegliedert war. Vom Erzeuger zum Verbraucher, die Strategie.
Und sie wurden wieder wohlhabend und reich, prassten aber nicht nach außen, hielten sich bedeckt, das neue System erst testend. Das Firmengeflecht wuchs und wuchs, expandierte und expandierte. Die von Thannebergs waren wieder auferstanden, waren wieder ganz oben!
Eusebius pflegte allerdings eine wenig beachtete Nebenbeschäftigung. Viele, viele Nazis waren der neuen Gerichtsbarkeit zu entziehen und außer Landes zu bringen, ja, mussten dem neuen Deutschland schleunigst den Rücken kehren. Er besaß gute, sehr gute Verbindungen sogar in alle Welt, insbesondere nach Argentinien, Chile und andere Staaten auf diesem Teil des Globus.
Und so war es auch nicht verwunderlich, dass Aufzeichnungen des Israelischen Geheimdienstes vermerken, Eusebius sei in die geheime Organisation Odessa verstrickt gewesen, deren Zweck und Ziel es war, Nazis in Sicherheit zu bringen. Inwieweit die Organisation Gehlen, Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes, davon wusste oder gar eingebunden war und wertvolle Dienste leistete, ist nicht bekannt, darf aber vermutet werden, hatte Reinhard Gehlen seine Organisation doch aus der Naziära herübergerettet in die neue Zeit und den Amerikanern erst angedient und schließlich operativ übergeben. Ein Glücksgriff, wie die Amerikaner fanden, die alsbald eine Obsession entwickelten gegen alles, was auch nur dem Anschein nach Kommunistisch war und die nicht nur im besetzten Deutschland des Westens ein Bollwerk sahen, sondern auch in der nach ihm, Reinhard Gehlen, benannten Organisation, eben: Die Organisation Gehlen.
Und Ferdinand, davon dürfen wir ausgehen, lernte auch jenes Metier in aller Tiefe kennen, wie er überhaupt alles, was der Vater ihm übertragen und vermitteln konnte, begierig aufsaugte.
Ferdinands Eltern hatten vor ihrem Ableben einen gelehrigen Schüler und Erben, nicht nur des Materiellen, erzogen und geformt.
Über Ferdinands eigenes Wirken ist nicht sehr viel bekannt, außer, dass er bis in die 90er Jahre hinein eine der größten Handelsketten weltweit aufgebaut hatte und diese bis zur Übergabe wiederum an den Sohn auch dirigierte und beherrschte.
Interessant wird es erst wieder im neuen Jahrtausend, präzise nämlich, als sich in dieser mittlerweile schon über 70 Jahre gewachsenen Republik Ferdinands Sohn einen Namen machte, indem er den milliardenschweren Nachlass scheibchenweise in immer neue Investitionsmodelle einbrachte oder besser gesagt, vermauschelte. Niemand weiß, was davon heute noch in seinem Eigentum verblieben und wie groß sein Vermögen tatsächlich ist.
Was aber durchgesickert, d.h. einem Rechercheverbund, wie das heute heißt, aufgefallen ist, ist die politische Entwicklung seiner Tochter, dem einzigen Kind aus der erst vor wenigen Jahren geschiedenen Ehe mit einer vermögenden Frau aus der Schweiz.
Interessant wurde es für die Damen und Herren Rechercheure, als sie einigen dubiosen Spenden nachforschten, die einer Politikerin zugeflossen waren, die bis vor ein paar Jahren niemand wirklich kannte.
Entweder Ahnungslose oder bescheiden, schlichte Gemüter hatten eine neue alternative Partei gegründet, die schon sehr bald mit allerlei Ideengut durchzogen war, das sehr gut zu dem passte, was seit jeher der Gesinnung der Thannenbergs entsprach und was Ferdinand schließlich auch der Tochter weitergab und ans Herz legte.
Es gibt auch Stimmen, die behaupten, dass die Gründer jener Partei durchaus im Bilde gewesen wären und der weitere Weg nichts als eine inszenierte Show sei, um die Tochter politisch zu etablieren, damit nicht aussterbe, was ewigen Fortbestand haben müsse.
Und heute strahlt sie mit glänzenden Augen durch die Gläser der schwarzgerahmten Brille, tönt mit großen, markigen Worten und wer genau hinhört, vernimmt Eusebius‘ oder Ferdinands Vokabular, angepasst an die heutige Zeit zwar, aber völkisch braun, wie ehedem.
Teig aus dunkler Vergangenheit beginnt, uns einzuhüllen. Erst wenige, dann immer mehr, fallen sie auf dessen würzigen Inhalt herein, knabbern stückchenweise davon, ohne wirklich zu verstehen, was mit ihnen alsdann geschieht. Alte Weggefährten gesellen sich hinzu, sehen hier ihre Chance, nutzen Rhetorik, um schönzureden, was nicht schönzureden geht, lachen über jene Parteien, denen sie ursprünglich entstammen, ob deren Unfähigkeit, ihre Strategie und Taktik zu durchschauen, spielen mit den demokratischen Regeln und Gepflogenheiten, gerade, wie es ihnen passt und gefällt, verkennen aber, und das wird ihr Untergang sein, dass die Frau mit der schwarzen Brille ein Konzept im Kopf trägt, das vom Urgroßvater auf den Großvater und von diesem auf den Vater und schließlich auf sie, die Tochter, als letzte im Glied, übergegangen ist.
In den Köpfen mancher Menschen werden Dinge ausgegoren und weitergetragen, deren zerstörerische Wirkung historisch belegt ist und deshalb nur im Niedergang enden kann!
Warum, ihr Wahlvolk, gebt ihr diesen Spinnern eine Stimme?