Monsieur, aber wo ist das Leben? (2)

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von Monika Jarju

Sie suchte nach dem Haus. „Waren Sie hier noch nie?“, fragte er misstrauisch. „Ich habe die Hausnummer vergessen und muss suchen wie in Afrika, wo es weder Straßennamen noch Hausnummern gibt.“ Sie lachten. Dann fand sie das Haus. Er spähte nach den Namensschildern. „Warum drücken Sie nicht den Klingelknopf? Sind Sie hier wirklich richtig?“, fragte er. „Da“, sie tippte auf das Schild. Er las einen afrikanischen Namen. „Können wir das Sie weglassen?“, bat er. „Ja.“ – „Musst du wirklich jetzt gehen? Wir reden gerade so gut.“ – „Meine Freundin hat Geburtstag.“ Sie hob Tüte und Blumen an. „Wie schade! Ich möchte dich jetzt gar nicht gehen lassen.“ Er breitete die Arme aus.
Sie klingelte, lief hinauf, nahm die Freundin in die Arme, gratulierte, überreichte ihr die Blumen und das Geschenk. Flüchtig warf sie einen Blick ins Zimmer, drinnen saßen die Eltern, Kinder, Freunde, standen Kuchen, Suppe, Rotwein und Kaffee auf dem Tisch. „Tut mir leid“, sagte sie, „ich muss gehen. Ich erkläre es dir später.“ Sie rannte die Treppen hinunter.
Bis Mitternacht saß sie mit diesem Mann in einem Café – und lachte. So hätte es sein können. Stattdessen fragte sie ihn: „Mittwoch oder Freitag?“ Er murmelte etwas Unverständliches. Sie fragte nicht weiter. Roger sah sie stumm an. Sie reichte ihm die Hand. Er stand noch immer still da, als die Haustür hinter ihr zufiel.

- Fortsetzung folgt -

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