Schug Schug

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Das Kartenspiel Schug Schug

Dieser köstliche Prank wird mit mehreren Spielern durchgeführt. Am besten eignen sich die Mitglieder eines Improvisations-Theaters, die ihre Kunstfertigkeit ein wenig üben möchten. Perfekt sind 6 Personen. Schug Schug kann aber auch mit nur drei, mitunter mit lediglich zwei Personen gespielt werden. Dies aber ist die Mindestzahl.

Der Fokus liegt dabei darauf, die umstehenden Menschen zu verwirren, zu verstören und ratlos zurückzulassen. Schug Schug ist ein fiktives Kartenspiel. Die komplizierten Begrifflichkeiten müssen natürlich einstudiert und auswendig gelernt werden. Dieses Spiel verlangt den Teilnehmern einiges ab. Umso köstlicher die Ergebnisse, wenn es gelingt, mit diesem Prank alle Zuseher ins Chaos zu stürzen.

Schug Schug kommt aus dem Jiddischen. Es ist dem Wort „meschugge“ entlehnt, im Original „meschugga“ oder „meschuggo“ (verrückt). Wenn die Spieler also auf einen scharfsinnigen Denker treffen, könnte der durchaus darauf schließen, dass >Schug Schug< Lug und Betrug ist, ein Hoax-Spiel, ein Streich, ein raffinierter Jux. Das Spiel könnte auch bei „Verstehen Sie Spaß?“ Triumphe feiern. Per se.

In der Vorbereitung müssen die für das Spiel zwingend erforderlichen Basis-Begriffe auswendig gelernt werden. Jeder kann sich hier, ganz nach Gusto, eigene Begriffe ausdenken. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ich entschied mich reichlich spontan für Schug Schug. Wollen Sie, dass das Spiel „Hibboth“ heißt? Nur zu.

Das Kartendeck heißt „Djent“. Eine Hand (4 Karten) wird Mogal genannt. Es gibt die Vor- und die Rückseite (Avers und Revers). Beide Seiten haben wichtige Funktionen. Ich rege an, die Karten selbst zu gestalten, aus alten Spielkarten, oder man schneide handliche, rechteckige Karten aus einem Karton, bemalt oder beklebt sie vorne UND hinten. Um ernsthafter zu wirken, ist es vielleicht zu empfehlen, sich alter Spielkarten zu bedienen. Poker, Whist oder Bridge spielt man mit 52 Karten, so auch hier, Schug Schug. Wir brauchen 52 seriös wirkende Karten und 3 Joker. Karte ablegen: Pollern, Karte aufnehmen: Fappen.

Der Kartengeber wechselt permanent im Uhrzeigersinn. Er heißt „Hogier“ und ist der Figur des Holger Danske nachempfunden, dem Pik Buben.

Das komplette Spiel besteht aus völlig sinnfreiem Handeln. Es soll aber so wirken, als wüssten alle Beteiligten exakt, was sie da gerade tun. Natürlich müssen Karten ("Leporello") gezogen und abgelegt werden, sonst ergäbe all das ja für den Zuschauer wenig Sinn. Die abgelegten Karten müssen unter den Stapel (Djent) gelegt werden, die gezogenen werden immer von oben entnommen. Obschon keinerlei Sinn im Handeln gegeben ist, muss dennoch der seriöse Touch gewahrt bleiben. Alles geschieht todernst und sehr bedächtig. So kann ein Spieler durchaus, wie ein Schachgroßmeister bei einem Zug, minutenlang zögernd den Leporello aus dem Mogal zupfen, ohne ihn jedoch letztlich zu spielen. Die anderen Spieler werden höflich abwarten. Es ist ein "upper class"-Spiel. Hier hetzt man nicht. Es ist ein "Adel verpflichtet"-Spiel. Wenn Sie befragt werden, wie lange es das Spiel schon gibt, antworten Sie: "Es stammt aus dem Nahen Osten, wurde rund um 1309 erstmalig erwähnt, in einer Schrift von Rigobaldo von Narretey. Im Jahr 1312 hat es Władysław I. Ellenlang nach Polen geholt. Von dort aus hat das Kartenspiel dann den Siegeszug durch ganz Europa angetreten. Dank des Königs von Polen!"

Vorbereitung muss sein. Es darf während des Spiels nicht gelacht werden. Das Spiel muss auf die Zuseher im Rund (Pub/Kneipe) sehr ernsthaft wirken, äußerst kompliziert und extrem kopflastig. Schach mit Spielkarten hoch drei. Aufregung und „Tobsuchtsanfälle“ sind an der Tagesordnung. Nicht selten geraten die Kontrahenten heftig aneinander. Die Umstehenden müssen glauben, es sei den Spielern „heiliger Ernst“, wenn sie sich so echauffieren. Das Spiel gibt vor, ihnen Alles zu bedeuten. Sie knien sich richtig hinein und es kann nicht schaden, einen Enthusiasmus an den Tag zu legen, den man nur von leidenschaftlichen Fußball-Fans kennt, wenn es um den Lieblingsverein geht. Im besten Falle müssen die Umstehenden die Kontrahenten trennen, beruhigen und für eine gewisse Befriedung sorgen. Dann setzen sich alle wieder an den Tisch und, mit grimmiger Miene, nehmen sie ihren Mogal wieder auf. „Mogal“ kommt von „Mogeln“.

Was auch immer geschieht (Impro!), Sie dürfen als Spieler/Teilnehmer nicht lachen. Wenn nur 6 Spieler anwesend sind, könnten 4 spielen und 2 Zuschauer sein. Hier werden Kommentare erwartet, die von einem gewissen Verständnis für das Spiel zu zeugen scheinen. Rufe wie „Zieht der Avers beim Doppeln im Siebener-Mogal gleich einen neuen Djent-Schug nach sich, wenn der Savonarola im Schellenbaum fällt?“ können gewaltiges Erstaunen auslösen und eine hohe Sachkundigkeit beim Rufer vermuten lassen. Denken Sie sich selbst etwas dazu aus. Ich sage Ihnen schon jetzt: Es fällt sehr schwer, dabei nicht zu grinsen. Übrigens, einen Trumpf gibt es auch. Er heißt "Gleisner".

Ein „Schug“ ist die vom Gegenspieler links oktroyierte weitere Karte aus dem Djent. Bis zu sieben Karten kann der Mogal umfassen. Mehr geht nicht. Sind 7 Karten auf dem Mogal, kann aus dem Djent keine gezogen werden. Die muss nun der somit „gepatchte“ Spieler links selbst aufnehmen, sollte er lediglich bis zu 6 Karten in der Hand halten. Einige Abläufe müssen zwingend immer gleich wirken, das dürfte ja wohl klar sein. Ergo muss der Hogier ständig wechseln, im Uhrzeigersinn, und der Schug aus dem Djent muss auf den Mogal. Ich denke, Sie finden sich langsam gut hinein in das Kartenspiel Schug Schug. Interessiert, es auch zu spielen?

Am Sonntag Morgen im Szene-Pub, ein flottes Spielchen zu dritt, mit 3 Zuschauern (also 6 Teilnehmern des Impro-Theaters), das kann bereits ein lohnendes Publikum auf sich ziehen. Mit der Zeit werden, so meine Erfahrung, die Zuseher immer mehr. Viele glauben nach kurzer Zeit, die wichtigsten Regeln zu kennen, und müssen dann ernüchtert feststellen: Nein, das habe ich jetzt aber immer noch nicht richtig kapiert.

Sie können während des Spiels einen Haufen Unsinn, eine Menge Bullshit von sich geben. Alles natürlich auf das Spiel bezogen. „Weißt du noch, wie Jirji Sakarov damals, 1999 in Sankt Petersburg, den Savonarola (das ist, zum besseren Verständnis, der Joker des Spiels; alle 3 Joker heißen Savonarola) gepatcht hat und danach im Djent den Doppler-Effekt für seinen Mogal bekam? Ein triumphaler Erfolg. Besseres Schug Schug habe ich noch niemals zuvor erlebt! Mann, ich wünschte, ich hätte nur sieben Prozent des Talents von Jirji Sakarov, dem womöglich besten

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Kommentare

23. Aug 2020

Tolle Geschichte!
Voller Sperenzchen & Mätzchen, Lug & Trug,
- könnte mich bei diesem Spiel vor Lachen kaum halten...

winke, winke
Monika

24. Aug 2020

Schalom Monika,

konnte einen vollen Tag lang nicht bei LiteratPro andocken.
Ständig "Zeitüberschreitung Netzwerk". Ich habe es wohl
tausendemale versucht. Jetzt aber, endlich: Vielen Dank
für das wunderbare Lob, Monika!

Ich liebe solche Wörter wie Sperenzchen, Mätzchen und
Fisimatenten etc. Da hast Du aber voll meinen Nerv
getroffen. Ich habe das Schug Schug schon gespielt
(mit professionellen Mitspielern). Ich hatte Probleme,
ernst zu bleiben, ja, aber letztlich, in der Runde mit
professionellen Impro-Leuten, hat es geklappt. Mein
Text saß nicht ganz sicher, ich verhaspelte mich an
der einen oder anderen Stelle, aber die Betrug hatte
Methode - und wurde voll geglaubt. Wir verschoben
fast 800 Euro von A nach B und C. Die Leute haben
Bauklötze gestaunt.

Denk Dir selbst solch ein Spiel aus. Es macht eine
Menge Spaß. Du hast, glaube ich, die Veranlagung
zum wirklich guten Prank. Danke für Deinen Support.
Dein "Winke Winke" hat mir nach all dem Frust, gar
nicht mehr auf LiteratPro zu kommen, voll den Tag
gerettet. Höchst erfrischend. Winke Winke zurück.

Greetz von

Garf Garf Mattatuck

24. Aug 2020

...aber die Betrug hatte Methode...

Autsch, das steht da wirklich. Und ich
konnte es abschließend nicht mehr
verbessern. Merke: Texte besser an
Ort und Stelle Korrektur lesen, G.M.

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