So ist „es“ vielleicht gewesen, oder auch nicht …

Bild zeigt Alf Glocker
von Alf Glocker

Es geschah zu einer Zeit, als die Äpfel noch nicht vom Baum auf den Boden fielen, sondern vom Boden auf den Baum hüpften, um der These, es gäbe unendlich viele Wahrheiten, gerecht zu werden … oder war es in einem Paralleluniversum … oder waren wir hier das Parallel-Universum, oder was eigentlich? Jedenfalls gab es damals, oder auch ganz woanders eine ganz komische Menschensorte, die sich „Die Europäer“ nannten – und die waren unglaublich böse! Wenn sie konnten legten sie die anderen, braven Menschensorten gemein herein, oder beuteten sie scham- und gewissenlos aus, damit sie eine Menge Spaß hatten.

So um ca. 400 nach Christine Semmelmoser lockten sie die hochanständigen Hunnen auf ihr Gebiet (also, auf das Gebiet der Europäer, daß sie damals auch schon unrechtmäßig erworben hatten), um eine schöne Party zu feiern. Die armen Hunnen kamen in voller Heeresstärke und veranstalteten einige Superevents, deren Kurzweil kaum noch zu übertreffen war. Sie mordeten was ging, vergewaltigten die angebotene „Ware“ mit Begeisterung und sie verwüsteten, zur Freude der Europäer, ganze Landstriche, damit sie die nicht ermordeten Bewohner später wieder aufbauen konnten. Die „Europäer“ standen zunächst überall herum und applaudierten!

Dies sprach sich schnell herum und als es den biederen Hunnen zu langweilig geworden war und sie sich aus dem Staub gemacht hatten, heuerten die Europäer die Mongolen als Unterhaltungspersonal an. Sie kamen mit noch riesigeren Heeren und löschten z. B. große Städte wie Kiew vollständig aus. Nebenbei räucherten sie russische Geistliche bei lebendigem Leib – und schließlich ließen sie sich von den Moskowiter Herrschern, in einer gewaltigen und sehr unterhaltsamen Schlacht, aus dem, von den Russen unrechtmäßig besiedelten Land vertreiben. Zu allem Überfluss zahlten diese nun auch nicht einmal mehr die fälligen Tribute an den Khan.

Aber das war noch gar nichts. Wenig später verbreiteten sich die lange Zeit dramatisch unterentwickelten Araber (sie hatten früher einmal bei den Ägyptern um Brot gebettelt), aus der Wüste heraus, weil sie streng gläubig waren. Ihre frühere Naturreligion hatten sie abgelegt, um einem geistig verwirrten Anführer (in ihrem Paralleluniversum) zu folgen, der ihnen Kraft durch Freude versprach. Die Freude sollten sie von den nunmehr unterdrückten Frauen erhalten und die Kraft durch Überfälle auf die alten Städte und Reiche des Orients. Die Rechnung des Anführers ging auch fast total auf, denn seine Eroberungszüge waren durchweg erfolgreich.

Doch dann kam ein noch viel schlaueres Volk, das den Europäern noch viel besser gefiel: die seldschukischen Türken! Die Araber hatten bis dahin schon wunderbar spannend gewütet, aber dieser nicht von der Hand zu weisende Unterhaltungswert sollte noch weit übertroffen werden, denn die Türken machten mit ihnen kurzen Prozess! Mit Grausamkeit und unübertrefflicher Raffinesse unterjochten sie zunächst die Araber – wobei sie sich, überaus geschickt, deren Religion zunutze machten –, dann überrollten sie die ersten europäischen Gebiete. Endlich gehörte das Land wirklich jemandem, einem, der es rechtmäßig erworben hatte …

Die Europäer wurden gefangen, ausgenutzt, gepeinigt auf die phantasievollsten Arten, die man sich vorstellen kann, sie verkauften sich selbst gegenseitig an die Türken (wie Byzanz) und sie erfreuten sich diebisch an all den neuen Spielarten des Sado- und des Masochismus, wobei man nicht einmal genau sagen kann, wofür sie sich mehr begeistern konnten. Dann ging beinahe das Licht aus! Als die Türken dann endlich als Befreier vor Wien standen, überlegten es sich die Europäer leider wieder, auf eine sehr heimtückische Art, ganz anders und wandten gegen die Türken ihre selbsterfundene, hundsgemeine Waffentechnik an.

Auch das war natürlich ein Heidenspaß, bei dem sie sich gerne als „Ungläubige“ bezeichnen ließen. Und deshalb wurden sie dann auch noch richtig unverschämt. Nach und nach befreiten sie die europäischen Sklaven aus der Hand der vor Aufrichtigkeit strotzenden Völker und beraubten sie somit sämtlicher Innovationen, denn die Schiffe der Jünger des geistig verwirrten Predigers, wie auch ihre schönsten Tempel, wie sogar die Verwaltung des Reiches der Gläubigen, hatten bis dahin ja die geraubten Kinder aus dem Westen erledigt. Das durfte nicht sein!

Heute sind wir viiiel schlauer und wir lassen nicht mehr zu, daß sich die Europäer, außerhalb einer der unzähligen Wahrheiten, noch länger scham- und gewissenlos amüsieren. Wir, die guten Menschen, zwingen sie dazu, ihre Firmen anderen zu überlassen, die damit ihre Wirtschaft aufbauen, und wir veranlassen, daß sie nun endlich hergeben, was ihnen niemals zustand: den Grund und Boden, den sie bis dahin kultiviert hatten. Dem Guten muss endlich mehr Raum gewährt werden! Überall auf der Erde sollen die gleichen Menschen leben, bloß keine Europäer.

Dadurch wird die Welt endlich, endlich besser – so gut, daß es gar nicht mehr genug Menschen geben kann, die sie so lange besiedeln, bis zwischen ihnen keine Bananenstaude mehr Platz hat. Dann werden sich alle in Ehrfurcht vor ihrem Gott verneigen und darauf warten, bis einer eine noch bessere Lösung hat: angedacht ist da wahrscheinlich die Entindividualisierung. Sobald das vollbracht ist, bekommt jeder die Bücher der anerkannt „Großen Denker“ ausgehändigt, wo er dann im Bedarfsfall nachschlagen kann, was er sagen darf … sie werden streng ausgewählt sein!

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