Eine ekelhafte Betrachtung

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von Alf Glocker

Die Grausamkeit der Gedanken ist beispiellos! Und ja, es stimmt: Die Gedanken sind frei … wer Zeit hat zu denken, der kann Ideen entwickeln, auf innere Stimmen hören, er kann genialen Eingebungen folgen – und er kann ein Tier dabei beobachten, wie es lebt … sich selbst! Dieses Tier folgt, wie sich dem aufmerksamen Beobachter (Betrachter) eröffnet, geheimnisvollen Richtlinien, die ebenso klar umrissen sind, wie kalt … kalt wie der Tod. Man ertappt sich bei allerlei gedanklichen Untaten, die sich zumeist nur im Unbewussten abspielen. Man kann sie, mittels sensibler Einfühlung in das „teuflische“ Fleisch, für die Seele, den Geist, „sichtbar“ machen – man kann sie aber auch übergehen und zumindest für sich selbst totschweigen, damit man nicht aus Versehen enttarnt wird, enttarnt als Tier.

Und dabei ist das noch die „harmlose“ Variante, mit der wir uns jetzt beschäftigen wollen. Deshalb lassen wir auch mörderische Ambitionen, von beispielsweise mörderischen Gläubigen oder auf niederster Stufe „denkender“ Primitiver außer Acht. Nehmen wir uns Menschen vor, deren Entwicklung, in Jahrzehntausende währenden zivilisatorischen Umständen, etwas Wildes, Ungestümes überbaut hat, das jedoch immer noch in uns wirksam ist. Vermutlich benötigen wir es zum Überleben, vermutlich würde sonst kein Menschenwesen seine Interessen wahrnehmen, die, wenn es um seinen Fortbestand geht, wohl auch berechtigt sind. Stellen wir uns einfach dunkle oder auch sehr anregende Situationen vor, in denen der Zivilisationsmensch seine Humanität unter Beweis stellt, insgeheim aber anders fühlt.

Es kommt vor, daß ein reicher Verwandter krank wird und damit die Phantasie seiner Erben entfacht … Ein jeder von ihnen mag sich wünschen, daß ER vor allen anderen bedacht wird, aber alle hoffen, daß das Verscheiden des Erblassers schnell vor sich gehen möge, damit man selber erfolgreich zum Zuge käme. Oder: Wir werden, im Angesicht eines Geschlechtspartners, „schwach“. Wobei die Bezeichnung „schwach“ meistens nicht stimmt, sondern sogar durch „stark“ ersetzt werden müsste, denn das in Bewegung geratene Karussell der Begierden ist im Begriff, sich den neuen Partner in allen möglichen sexuell aufreizenden Situationen vorzustellen, von denen der/die noch gar keine Ahnung hat und die er/sie vermutlich sogar ablehnen würde. Unser Unbewusstes aber kümmert sich nicht darum.

Erziehung und Grad der menschlichen Reife (erworben in Jahrzehntausenden) geben schließlich den Ausschlag für eine Einigungen auf allen vorstellbaren Gebieten – während die Wünsche ganz andere Wege gegangen sind. Welche Wege die Wünsche gehen, erfahren wir nur, wenn wir uns nicht selber belügen! Hören wir ihnen beim Sprechen zu, dann erfahren wir, wer wir sind! Ein Gemisch aus Schadenfreude, Vernichtungswillen und Selbsterhaltungstrieb … sexuell, wie auch verdrängungstechnisch. Und deshalb können wir an unseren tiefsten, von jeglicher Bildung ungeschminkten Wünschen auch die Wahrheit ablesen. Wovon ein Mensch träumt, der es sich leisten kann, die einfachsten Vorstellungen Wirklichkeit werden zu lassen, ist oft deutlich zu sehen … wer ist mit wem verheiratet oder liiert, aber fragen wir besser nicht warum, wir würden eh nur Lügen erfahren.

Denn Lügen sind die einzigen echten Mittel zum Schutz unserer „Privatsphäre“. Wir dürfen auf keinen Fall Folgendes sagen: „Ein bestimmter Typ Mann steht doch immer auf den gleichen Typ Frau!“ Damit würden wir nur eine propagiert niedere Gesinnung verraten und den „armen“ Mann völlig bloßstellen, der in seinem tiefsten Inneren, eben vor sich selbst, zugegeben hat, daß er eine Aufwertung seines Genguts erreichen möchte. Eine solche Behauptung verstieße einerseits gegen Anstand und Sitte bei den Gesitteten und selbstverständlich vorrangig gegen das Schutzbedürfnis einfachster Geister, die ganz sicher keinen Wert darauf legen, als wehrhafte Urtypen bezeichnet zu werden. Alles soll schließlich schön unterm Teppich bleiben! Eine Grausamkeit der Gedanken hat unter gleichgemachten Erdbewohnern nicht zu existieren – dafür aber ein einheitliches Tricksystem zur Verdrängung der Wahrheit.

Am erfolgreichsten verdrängen Zivilisationsmenschen die Wahrheit des echten Lebens! Mit der Zeit überlagert eine akribisch einstudierte Disziplin ihr natürliches Verhalten, wobei sie es kategorisch ablehnen, überhaupt noch eines zu haben – ein natürliches Verhalten. Stattdessen firmieren sie sich quasi um, in Leute, die sich angeblich über die Gesetze der Natur erhoben hätten, oder noch dümmer: Sie erkennen die Gesetze der Natur gar nicht mehr (an). Dann sind sie Freiwild, werden zu Opfern derer, die gerade ihre brutalen Wünsche zu zielführenden Lebensaufgaben hochstilisiert haben. Sie wissen – nicht unbedingt bewusst – ganz genau, welche Vorteile es mit sich bringt, die Todeskälte ihrer unverfälschten Mentalität auf die Welt anzuwenden … womit sie allen betont liebenswerten Kriechernaturen himmelweit und höllenadäquat überlegen sind!

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